Russland-Gegner soll Polens Verteidigungsminister werden - Kritik
Warschau (APA) - Nach dem klaren Sieg der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) bei der Parlamentswahl in Polen werde...
Warschau (APA) - Nach dem klaren Sieg der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) bei der Parlamentswahl in Polen werden die Verhandlungen zu Bildung der neuen Regierung immer konkreter. Besonders umstritten ist die Besetzung des Verteidigungsministerium, in das laut Medienberichten der umstrittene russlandfeindliche Politiker Antoni Macierewicz einziehen soll.
Politiker der scheidenenden Regierung warnen davor, die Berufung Macierewicz würde das Verteidigungssystem des Staates gefährden. Die PiS will bis zum Wochenende die Zusammenstellung ihrer neuen Regierung vorstellen. Seit Tagen halten sich Gerüchte, dass die Partei trotz des gegenteiligen Versprechens der designierten Regierungschefin Beata Szydlo im Wahlkampf Macierewicz an die Spitze des Verteidigungsressorts berufen dürfte.
Szydlo hatte vor der Wahl mehrmals deklariert, dass sie den Chef der mit der PiS alliierten konservativen Partei „Polen gemeinsam“ (PR), Jaroslaw Gowin, zum Verteidigungsminister machen werde. Die „Rzeczpospolita“ berichtet am Donnerstag jedoch, es sei bereits eine Entscheidung zugunsten von Macierewicz gefallen.
Vor einer Berufung des Russland-Gegners zum Verteidigungsminister warnte am Mittwoch auch der ehemalige Präsident Bronislaw Komorowski im Fernsehsender TVN24. Komorowski forderte PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski auf, noch einmal zu erwägen, ob man damit das polnische Verteidigungssystem, die Position Polens in der NATO und die Glaubwürdigkeit des Landes als Verbündete gefährden dürfe.
Auch der scheidende Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak warnte vor einer Bestellung von Macierewicz und bezeichnete sie als riskant. Die Ansichten und Pläne des PiS-Politikers seien radikal, sagte er. „Ich habe keine Radikalen auf dem Posten des Verteidigungsministers in anderer Staaten getroffen. Armee und Sicherheit erfordern Ruhe und Besonnenheit“, sagte er gegenüber Radio ZET.
Macierewicz gilt seit Jahren als einer der umstrittensten Politiker der PiS. Immer wieder sorgte er mit seinen Aktionen für Aufsehen. Für Auregung sorgte. als er 1992 als Innenminister eine Liste der führenden Politiker der ehemaligen antikommunistischen Opposition veröffentlicht hatte, die angeblich vor der Wende mit den Geheimdiensten zusammengearbeitet hätten. Für Kontroversen sorgte auch die von Macierewicz 2006 durchgeführte Auflösung des aus der kommunistischen Ära stammenden Militärgeheimdienstes WSI. Die Opposition warf ihm damals vor, dass er damit die polnische Armee in Afghanistan der Unterstützung der Nachrichtendienste beraubt habe.
Nach dem Absturz der polnischen Regierungsmaschine bei Smolensk (Russland) in April 2010 hatte Macierewicz einen Untersuchungsausschuss im Parlament einberufen. Trotz der von der zuständigen Regierungskommission gesammelten Beweise unterstütz Macierewicz weiter die Theorie der Absturz sei durch ein Attentat verursacht worden.