Gutachter entlastet Ex-Porsche-Chef Wiedeking in einigen Punkten

Stuttgart (APA/Reuters) - Im Prozess gegen den Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat ein Gutachter den Vorwurf der Marktmanipulation beim Ü...

Stuttgart (APA/Reuters) - Im Prozess gegen den Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat ein Gutachter den Vorwurf der Marktmanipulation beim Übernahmepoker um Volkswagen in einem Teil der Fälle entkräftet. Der Wirtschaftsprofessor Hans-Peter Burghof erklärte am Donnerstag vor Gericht, bei drei der sechs Anlässe, auf die sich die Anklage stützt, habe die Holding Porsche SE den Kurs der VW-Aktie nicht erkennbar beeinflusst.

„Wenn man es auf ein Wort reduziert, ist die Antwort nein und nein“, sagte Burghof auf die Fragen von Richter Frank Maurer, ob die Mitteilungen von Porsche zwischen Anfang März und Mitte September 2008 geeignet waren, auf den Kurs einzuwirken und ob sie es wirklich taten.

Nach Darstellung von Wiedekings Verteidigern gilt das auch weitgehend für die übrigen von den Strafverfolgern angeführten Mitteilungen von Porsche, die erst am Nachmittag vor Gericht behandelt werden. „Die Verteidigung fühlt sich bestätigt, dass Wendelin Wiedeking freigesprochen werden muss“, erklärte dessen Anwalt Walther Graf. Das Gutachten sei der zweite Sargnagel für die Anklage, nachdem aus Sicht der Verteidigung eine unrichtige Darstellung bei den Porsche-Äußerungen zu ihren Übernahmeplänen nicht nachweisbar sei. Die Staatsanwaltschaft dagegen war vor der Verhandlung von Burghofs Gutachten nicht überzeugt. „Das Gutachten ist unklar, uns hat eine eindeutige Aussage gefehlt“, sagte Staatsanwalt Heiko Wagenpfeil.

Die Staatsanwaltschaft wirft Wiedeking und dem damaligen Finanzvorstand Holger Härter vor, mit Falschinformation in der Übernahmeschlacht 2008 Anleger gezielt in die Irre geführt und den VW-Kurs manipuliert zu haben. Die Holding Porsche SE hatte mehrmals in Pressemitteilungen und mündlichen Auskünften die Absicht einer vollständigen Übernahme von VW dementiert. Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass die Übernahmeentscheidung in der von den Familien Porsche und Piech beherrschten Dachgesellschaft aber schon längst gefallen war und die Äußerungen damit falsch waren. Wiedeking hatte das in einer ausführlichen Stellungnahme zum Prozessauftakt bestritten.

Als Argument führte er ins Feld, dass Ferdinand Piech - damals als wichtiger VW-Aktionär, VW-Aufsichtsratschef und Aufsichtsratsmitglied der Porsche SE - mit der vollständigen VW-Übernahme bis kurz vor Bekanntgabe des Plans am 26. Oktober 2008 nicht einverstanden war. Damit sei die VW-Mehrheitsübernahme zum Zeitpunkt der Mitteilungen eine Vision des Porsche-Vorstands gewesen, die sich noch nicht habe realisieren lassen.

Porsche hatte unter Wiedekings Führung seit 2005 seine Anteile am viel größeren Volkswagen-Konzern schrittweise erhöht. Im März 2008 überschritt die Beteiligung 50 Prozent. Bei einer Schwelle von 75 Prozent hätte die Holding einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem Konzern schließen können, an dem zu knapp über 20 Prozent das Land Niedersachsen beteiligt ist. Durch das Bestreiten der Absicht einer vollständigen Übernahme hatten Anleger, vornehmlich Hedgefonds, auf einen fallenden Aktienkurs Wetten abgeschlossen. Als Porsche am 26. Oktober 2008 bekannt gab, bereits gut 74 Prozent von VW unter Kontrolle zu haben und 2009 seinen Anteil bis auf 75 Prozent aufstocken zu wollen, schnellte der Kurs in schwindelnde Höhen.

Hedgefonds wurden auf dem falschen Fuß erwischt, weil sie sich zum Erfüllen ihrer Verkaufsverpflichtungen um jeden Preis eindecken mussten. Sie verklagten Porsche deshalb auf insgesamt gut 5 Mrd. Euro Schadenersatz. Die Übernahme scheiterte schließlich im Zuge der Finanzkrise 2009. Der Sportwagenbauer Porsche wurde zur VW-Tochter, die von den Familien Porsche und Piech kontrollierte Holding Porsche SE mit einem Anteil von knapp 50 Prozent Hauptaktionär von VW.

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