Hypo-U-Ausschuss - Protokoll: Pröll kurz vor Verstaatlichung dagegen
Wien/Klagenfurt (APA) - Im Zuge der eher unspektakulären Befragung der OeNB-Bankenprüferin Karin Turner-Hrdlicka, der öfters Erinnerungen fe...
Wien/Klagenfurt (APA) - Im Zuge der eher unspektakulären Befragung der OeNB-Bankenprüferin Karin Turner-Hrdlicka, der öfters Erinnerungen fehlten, ist im Hypo-U-Ausschuss am Donnerstag doch noch ein brisantes Dokument aufgetaucht. Demnach war der damalige Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) knapp vor der Verstaatlichung gegen eine solche. Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny thematisierte eine 40:60-Lastenteilung mit Bayern.
Das entsprechende Protokoll einer Sitzung am Samstag, 12. Dezember 2009, die der österreichischen Seite als Vorbereitung für die Verhandlungen mit Bayern diente, war von Turner-Hrdlicka angefertigt worden.
Ex-ÖVP-Chef und auch Vizekanzler Pröll sagte laut Ausführungen und Fragen von Grün-Mandatar Werner Kogler bezogen auf das Protokoll, das Turner-Hrdlicka damals erstellt hatte, dass man die Eigentumsübernahme bei der früheren Hypo Alpe Adria nicht anstrebe. Vielmehr sei die Komplettübernahme der Hypo „für den „Bund derzeit keine Option“, zitierte Kogler den Finanzminister aus dem Sitzungsprotokoll. Auch habe der Ex-ÖVP-Chef angemerkt, dass „für Bayern die Situation vergleichbar schwierig“ sei. Warum Pröll das gesagt hat, konnte die Auskunftsperson nicht beantworten.
Turner-Hrdlicka bestätigte bei ihrer Befragung den Wechsel der Hypo-Bewertung im Dezember 2008 von „not distressed“ (nicht notleidend) auf „sound“ (gesund) durch das Finanzministerium. „Das Finanzministerium hat so entschieden“, sagte Turner-Hrdlicka erst nach zahlreichen Nachfragen.
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) musste Mitte Dezember 2008 innerhalb von vier Tagen eine Stellungnahme zur Hypo Alpe Adria an das Finanzministerium abliefern. In ihrer Analyse bewertete die Nationalbank die Hypo als „not distressed“ (nicht notleidend), obwohl die EU-Kommission bei Bankhilfen damals nur die Bewertungen „sound“ oder „distressed“ für Finanzinstitute verwendete. Die Hypo Alpe Adria erhielt Ende 2008 rund 900 Mio. Euro staatliches PS-Kapital, das sie später nie zurückzahlen konnte.
In der Mitteilung der EU-Kommission vom 5. Dezember 2008 zur Rekapitalisierung von Bankinstituten wird zwischen „fundamentally sound, well-performing banks“ und „distressed, less performing banks“ unterschieden. In der deutschen Übersetzung vom 15. Jänner 2009 wird zwischen „grundsätzlich gesunden, gut aufgestellten Banken“ und notleidenden, schlechter aufgestellten Banken“ unterschieden.
Dass sich die Nationalbank in ihrem Gutachten über den Zustand der Hypo („not distressed“) auf Zahlen der Skandalbank verlassen hat, verteidigte Turner-Hrdlicka. Vom gesamten Bank-Vorstand habe es eine Vollständigkeitserklärung gegeben. Zudem habe der Wirtschaftsprüfer die Konsistenz der Daten bestätigt, so die Bankenexpertin.
Die Bankenprüferin hatte keine genaue Erinnerung an das Treffen am 19. Dezember zwischen Finanzministerium, Nationalbank, Hypo Alpe Adria, BayernLB und Wirtschaftsprüfern als das OeNB-Urteil „not distressed“ in „sound“ umgewandelt wurde. „Ich kann mich an den Termin sehr vage erinnern.“ Sie habe den Termin mit Grippe absolviert. „Es waren sehr viele Leute anwesend.“ Eine maßgebliche Rolle auf Seite des Finanzministeriums hätten die Spitzenbeamten Alfred Lejsek und Michael Höllerer gespielt. An jene zweite Sitzungsunterbrechung, bei der laut Protokoll, die Hypo-Bewertung von „distressed“ auf „sound“ gestellt wurde, kann sich die Bankenprüferin nicht mehr erinnern. „Ich kann mich an den Ablauf nicht erinnern.“
In der Grundsatzvereinbarung zwischen Finanzministerium und Nationalbank zur Hypo-Analyse ist nur von einem Zinssatz von 8 und 9,3 Prozent für die Gewährung des staatlichen PS-Kapitals für die Hypo Alpe Adria ausgegangen worden und nicht von mehr als 10 Prozent, wie für eine notleidende Bank vorgeschrieben. „Zu den Hintergründen weiß ich nichts Näheres“, so die Bankenexpertin.
Turner-Hrdlicka verteidigte auch die Systemrelevanz-Einschätzung der Notenbank für die frühere Hypo Alpe Adria. Es habe sich um die fünftgrößte Bankengruppe in Österreich gehandelt. Man habe als Notenbank die Kriterien der EU-Kommission zur Systemrelevanz abgearbeitet.