Aguntum weckte früh die Neugier
Die Ruinen der einstigen Römerstadt riefen schon im 18. Jahrhundert den Forschergeist wach. Anton Roschmann führte 1746 per Auftrag die erste archäologische Ausgrabung durch.
Von Claudia Funder
Dölsach –Es war offensichtlich, dass hier etwas im Gange ist. Im frühen 18. Jahrhundert wurde ein Acker am linken Ufer der Drau nahe Lienz von Bauern eifrig durchwühlt. Sie stießen auf Mauern, einen Kanal und einen Fußboden aus Mosaik. Die Funde weckten die Neugier der Oberin des Haller Damenstiftes, dem damals die Herrschaft Lienz gehörte. Ihr Interesse galt aber auch der Frage, weshalb die Leute hier Überreste einer Zwergenstadt vermuteten.
Kein Geringerer als der Vater der Archäologie Tirols, Anton Roschmann, wurde 1746 beauftragt, besagtes Terrain archäologisch zu erforschen, weiß Florian M. Müller vom Institut für Archäologien Innsbruck, der zu diesem Thema akribisch im Archiv „gegraben“ hat. „Roschmann sollte auch der Schatzgräberei ein Ende machen.“ In einer lateinisch verfassten Handschrift aus dem Jahr 1746 berichtet der Allroundgelehrte von Bodenmosaiken und Resten einer Fußbodenheizung. Er deutet das Entdeckte bereits als römische Anlage. „Roschmann schließt auch das Zwergenkapitel“, weiß Müller. Es waren nämlich kleine Gewölbe der Fußbodenheizung, die irrtümlich zur Vermutung geführt hatten, es handle sich um Zwergenzimmer.
„Die Grabung Roschmanns dürfte eine der frühesten in ganz Österreich gewesen sein“, erklärt Müller, der das Archäologische Universitätsmuseum leitet. „Ihm ging es nicht um Funde, sondern um die Klärung einer Fragestellung.“ Die aufsehenerregenden Ergebnisse riefen sogar den Mann Maria Theresias, Kaiser Franz I., auf den Plan. Dieser sandte 1753 Architekt Josef Anton Nagel zu Forschungszwecken vor Ort. Der genordete Nagelplan ist beeindruckend detailliert.
Auf Basis der Aufzeichnungen wurde 2006 versucht, den Platz zu lokalisieren. 2007 wurden mittels Georadarmessung tatsächlich Reste zweier Gebäude entdeckt. Sie stimmen mit den Plänen des 18. Jahrhunderts klar überein.
Ein Name, der prominent mit frühen Grabungen in Aguntum in Verbindung steht, ist Innozenz Ploner. Der Franziskanerpater dürfte durch seinen Lehrer Flavian Orgler auf die Römerstadt aufmerksam geworden sein, der 1881 über die „Ausgrabungen antiker Bauüberreste und Gräber am Debantbache bei Lienz“ berichtet hatte. 1912/13 findet Ploner bei Grabungen in der „Gline“ Überreste eines römischen Gebäudes und stößt auf die Therme von Aguntum – ohne sie zu erkennen. Sein bedeutendster Fund war die Entdeckung der Stadtmauer. „Der Urbestand an Objekten, die in Aguntum noch erhalten sind, stammt von Ploner“, betont Müller. „Seine Aktivitäten sorgten für großes Medieninteresse.“ Parallel zu Ploner begann Rudolf Egger vom Österreichischen Archäologischen Institut zu graben, was angesichts der Konkurrenz nicht immer friktionsfrei verlief. Er untersuchte die frühchristliche Kirche. Mit dem Tod Ploners 1914 brachen die Aktivitäten in Aguntum vorerst ab. Erst 1931 bis 1934 wurden sie unter Ernst Swoboda fortgeführt. Seit 1950 erfolgen jährlich systematische Grabungen, bis 1955 von Franz Miltner, dann von Wilhelm Alzinger geleitet.
Seit 1991 ist das Institut für Archäologien der Uni Innsbruck für die Erforschung Aguntums zuständig. Der wissenschaftliche Blick auf die historische Stätte wird immer klarer. Derzeit erhält Aguntum ein neues Gesicht, wird zum archäologischen Park umgestaltet. „Im Frühjahr startet die zweite Baustufe – mit der Umsetzung des Wegesystems, von Freizeiteinrichtungen und gärtnerischer Gestaltung“, freut sich Leo Gomig, Obmann des Vereins Curatorium pro Agunto.
Am Donnerstag fand im Grabungshaus eine Reihe bemerkenswerter Workshops statt, organisiert von Harald Stadler, Leiter des Instituts für Archäologien Innsbruck. Titel: „Von Aguntum zum Alkuser See“. Die Vorträge gaben spannende Einblicke in die archäologischen Tätigkeiten von einst bis heute und in den aktuellen Forschungsstand.