Schweizer Forscher entschlüsselten Struktur von „Betonkrebs“
Villigen (APA/sda) - Schweizer Forscher haben die Struktur von „Betonkrebs“ entschlüsselt, einer chemischen Reaktion zwischen im Beton vorha...
Villigen (APA/sda) - Schweizer Forscher haben die Struktur von „Betonkrebs“ entschlüsselt, einer chemischen Reaktion zwischen im Beton vorhandenen Stoffen und eindringender Feuchtigkeit. Bei der Struktur handelt es sich um einen Kristall mit einer sogenannten Silizium-Schichtenstruktur. Diese Struktur sei in dieser Form noch nie zuvor beobachtet worden, teilte das Paul Scherrer Institut (PSI) am Donnerstag mit.
Das PSI hatte zusammen mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) die Struktur des „Betonkrebs“ untersucht. Der Fachausdruck für die dunklen Risse in Brücken, Staumauern und anderen Bauwerken aus Beton lautet Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR). Im Zuge der AAR entsteht ein Material, das mehr Raum einnimmt als der ursprüngliche Beton.
Im Laufe von Jahrzehnten wird der Beton langsam von innen heraus gesprengt. Diese Schäden bedingen aufwendige Sanierungen oder Neubauten. Die AAR ist eine chemische Reaktion. Sie geschieht, wenn Beton Wasser beziehungsweise Feuchtigkeit ausgesetzt ist. In der Schweiz sind zahlreiche Brücken und bis zu 20 Prozent der Staumauern von AAR betroffen, wie das PSI festhält.
Dabei sind die Grundzutaten des Betons selbst das Problem: Zement - der Hauptbestandteil von Beton - enthält Alkalimetalle wie Natrium und Kalium. In den Beton eindringende Feuchtigkeit wird dadurch alkalisch. Diese chemischen Vorgänge der AAR sind schon lange bekannt. Doch die physikalische Struktur des im Zuge des AAR entstehenden Alkali-Kalzium-Silikat-Hydrats hatte bisher noch niemand identifiziert.
Forschende des PSI und der EMPA untersuchten daher die Substanz einer 1969 erbauten Schweizer Brücke, die stark von AAR betroffen ist. Der Brücke wurde eine Materialprobe entnommen. Ein schmales Stück davon wurde so lange herunter geschliffen, bis eine hauchdünne Probe von nur 0,02 Millimeter Dicke übrig blieb. Diese Probe ließ sich an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) mit einem extrem schmalen Röntgenstrahl durchleuchten. Dieser Strahl war 50 Mal dünner als ein menschliches Haar.
Mittels sogenannter Diffraktionsmessungen und einer aufwendigen Datenanalyse konnten die PSI-Forschenden schließlich die Kristallstruktur des Materials punktgenau bestimmen. Es zeigte sich, dass das Hydrat eine bisher nie dokumentierte Silizium-Schichten-Kristallstruktur aufweist. Diese Erkenntnis könnte gemäß PSI helfen, langlebigeren Beton zu entwickeln.