Flüchtlinge- Seehofer spielt weiter mit Klage gegen Migrationspolitik

Berlin (APA/Reuters/AFP) - Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) behält sich trotz der jüngsten Koalitionseinigung die Möglichkeit ...

Berlin (APA/Reuters/AFP) - Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) behält sich trotz der jüngsten Koalitionseinigung die Möglichkeit einer Klage gegen die deutsche Bundesregierung wegen ihrer Flüchtlingspolitik vor. „Wir haben uns zu vielen Alternativen und Handlungsmöglichkeiten vorbereitet“, sagte Seehofer am Freitag in der ARD.

„Im Moment“ seien solche Wege nicht notwendig, denn man habe ja zur Gemeinsamkeit in der Koalition zurückgefunden. „Aber wir werden das in der Tat prüfen“, fügte er hinzu. Es gehe darum, wie Bayern sich wehren könne gegen einen übermäßigen Zustrom von Flüchtlingen. „Ob wir dann mal klagen, werden wird sehen“.

Bayern will mit Hilfe eines Gutachtens des früheren Verfassungsrichters Udo di Fabio prüfen lassen, ob gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung geklagt werden kann. Seehofer hatte Kanzlerin Angela Merkel und ihrer Regierung tagelang vorgeworfen, nichts Entscheidendes zur Begrenzung des Flüchtlingszustroms nach Deutschland zu tun. Inzwischen ist dieser Streit aber beigelegt, wie Seehofer versicherte.

Seehofer begrüßte die Einigung der Koalitionsspitzen über neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge als „sehr, sehr gut“ für die Integration von Schutzbedürftigen. Zugleich seien die Beschlüsse aber zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen „die schärfsten Regeln, die es jemals in unserem Lande gab“, sagte Seehofer am Freitag in der ARD. Die Koalitionseinigung sei ein wichtiger Fortschritt, aber „wir sind noch nicht am Ende aller Überlegungen“. Wichtig sei vor allem, dass die Menschen ihn ihrer Heimat blieben. Das sei die wichtigste Obergrenze für den Zuzug von Menschen. Mit der Türkei werde man Flüchtlings-Kontingente vereinbaren, kündigte er an.

In der Flüchtlingspolitik hätten er und Merkel mit sehr unterschiedlichen Positionen begonnen, räumte der CSU-Chef ein. Inzwischen habe man wieder ein gemeinsames Konzept. „Und ich denke, das ist wieder gekittet“, versicherte er.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) soll indes einem Zeitungsbericht zufolge im kommenden Jahr personell noch einmal deutlich aufgestockt werden. Die Behörde mit Sitz im bayerischen Nürnberg solle 3.600 zusätzliche Mitarbeiter bekommen, berichteten die „Ruhr Nachrichten“ aus Dortmund am Freitag unter Berufung auf Koalitionskreise. Es handle sich um 2.600 neue Stellen sowie tausend Mitarbeiter, die aus anderen Behörden oder aus dem Ruhestand geholt werden sollten.

Die Pläne seien bereits mit dem Finanzministerium abgestimmt, hieß es weiter. Intern habe Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) angegeben, es gebe eine entsprechende Zusage. Damit hätte das Bamf den Angaben zufolge Ende 2016 bis zu 8.000 Mitarbeiter. Angesichts der Flüchtlingskrise solle es auch bei der Bundespolizei zusätzliches Personal geben. Für das kommende Jahr seien tausend Stellen mehr geplant.

Die Große Koalition aus Union und SPD hatte erst am Donnerstag neue Maßnahmen zur Beschleunigung von Asylverfahren für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive beschlossen. Sie sollen künftig in bundesweit drei bis fünf Registrierungszentren untergebracht werden und einer verschärften Residenzpflicht unterliegen. Nach der Ablehnung von Asylanträgen sollen die betroffenen Flüchtlinge direkt aus den Registrierungszentren in ihre Heimat abgeschoben werden.

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl kritisierte die von der Großen Koalition beschlossenen Maßnahmen zu Asylverfahren als „gravierenden Einschnitt in das Asylrecht“. Der Beschluss stelle eine „weitgehende Beschneidung des Zugangs zu einem fairen Asylverfahren für tausende Menschen“ dar, erklärte Pro Asyl am Freitag. Geschäftsführer Günter Burkhardt kritisierte, Seehofer habe sein „rechtsstaatlich fragwürdiges, die Menschenrechte beschneidendes Eilverfahren“ durchgesetzt.

Pro Asyl warf der Koalition vor, mit ihren Beschlüssen vor allem auf afghanische Flüchtlinge zu zielen. Nach den politischen Vorgaben solle es trotz der „zusehends schwierigeren Menschenrechts- und Sicherheitslage in Afghanistan“ zu vermehrten Ablehnungen der Asylanträge und Abschiebungen kommen. „Die Anerkennungsquoten sollen gedrückt, Menschen entrechtet werden, um sie abschiebungsreif zu machen“, erklärte Burkhardt. „Deutschland setzt auf Entrechtung und Abschreckung. Der Sommer des Mitfühlens ist einer Politik der Kälte gewichen.“