Innenpolitik

TT-Interview: Blecha für Neustart der SPÖ

Karl Blecha fordert einen Neustart der SPÖ.
© APA/Roland Schlager

SPÖ-Pensionistenchef fordert programmatische Neuaufstellung der Partei, dann soll die Personalfrage geklärt werden.

Wien – Die SPÖ braucht eine Neuaufstellung, einen Neustart. Karl Blecha, Chef des mitgliederstarken Pensionistenverbandes, erhofft sich durch den aktuell laufenden Prozess für ein neues Grundsatzprogramm die Rückkehr der Leidenschaft in die Reihen der SPÖ. Blecha leitet gemeinsam mit dem früheren SPÖ-Klubobmann Josef Cap als Koordinator den Prozess für ein neues Grundsatzprogramm der Partei.

Sie arbeiten als Koordinator am neuen Parteiprogramm der SPÖ. Welches Ziel verfolgen Sie?

Karl Blecha: Dieser Programmprozess ist für Österreichs Sozialdemokratie, aber auch für die europäische Linke notwendig. Die Desorientiertheit in vielen brennenden Themenfeldern gibt es auch in anderen Ländern. Wir sollten den Ehrgeiz haben, so wie 1978, ein Grundsatzprogramm zu verabschieden, das über die Grenzen hinaus Strahlkraft besitzt.

Das aktuelle Programm aus dem Jahre 1998 war dazu ja nicht in der Lage.

Blecha: Nein, das 1998er-Programm versuchte den Dritten Weg abzubilden. Wie sich her-ausstellte, war dieser Weg der falsche.

1978 war die Sozialdemokratie eine linke Volkspartei. Heute kann davon nicht mehr die Rede sein.

Blecha: Die SPÖ muss ihre Strukturen ändern. Es braucht in der Partei einen Ausbau der direkten Demokratie. Wir müssen die Mitsprache instrumentalisieren.

Man hat den Eindruck, dass der Partei die Leidenschaft abhandengekommen ist.

Blecha: Das sehe ich auch so. Deshalb bin ich so vom Programmprozess überzeugt. Ich bin dafür, dass dieser öffentlich geführt wird. Denn nur so kommen wir wieder zu einer Politisierung der Partei. Ich will meine ganze Lebenserfahrung in diese Prozessarbeit investieren. Auch Anfang der 70er-Jahre gab es einen Reformstau. Es war die SPÖ unter Bruno Kreisky, die sich nicht scheute, Reformen anzugehen. Diese Reformen führten oft zu Konfrontationen mit Teilen der Bevölkerung. Aber daraus wuchs die Leidenschaft, die Politik benötigt.

Und heute ist eine SPÖ am Werk, die verwaltet, aber nicht gestaltet.

Blecha: Verwalten kann nicht der Auftrag der SPÖ sein. Als Verwalterin wird sie nicht gebraucht. Der historische Anspruch der Sozialdemokratie ist es, die Gesellschaft zu gestalten. Und dies ist ein permanenter Prozess. Wir sind einer humanen Gesellschaft, der Toleranz, der Verteidigung der Freiheit verpflichtet, einer Gesellschaft, in der man Solidarität mit Großbuchstaben schreibt.

Hat die SPÖ aktuell die Spitze, um die Partei in die Zukunft zu führen?

Blecha: Ich habe die Hoffnung, dass uns die Umgestaltung der Partei gelingt. Die derzeitige Partei, sowohl die Strukturen, ihre Vorstellung und ihr Bild in der Öffentlichkeit, wird Geschichte werden. Ich sehe den Programmprozess als Teil einer politischen Renaissance der Partei.

Am Parteitag 2016 soll der Programmprozess abgeschlossen sein.

Blecha: Der Parteitag 2016 ist die große Chance für einen Neustart. Es braucht eine programmatische Neuaufstellung der Partei. Und dann wird sich zeigen, welches Personal an der Spitze der Partei notwendig sein wird.

Das Gespräch führte Michael Sprenger