Porsche 911

Sauger ausgelaugt, Turbo lädt und taugt

Modellpflege für den 911 Carrera: Ab Werk ist der Sportwagen mit BiXenon-Scheinwerfern bestückt, optional gibt es LED-Leuchten.Fotos: Höscheler, Werk

Nach knapp vier Jahren Bauzeit muss der aktuell angebotene 911 Carrera zahlreiche technische Neuerungen über sich ergehen lassen. Die Tortur zahlt sich aus, vor allem für fahrdynamisch orientierte Kunden.

Von Markus Höscheler

Santa Cruz –Es ist Zeit, Abschied zu nehmen. Nicht von einer Sportwagen-Ikone, aber von einem Motorenkult. Über Jahrzehnte brillierte Porsche mit leistungsstarken und verhältnismäßig effizienten Benzinaggregaten in Boxer-Bauweise, frei von Beatmungssatelliten. Das ist nun Geschichte, die Sauger-Triebwerke sind ausgereizt, die immerzu schärfer werdenden Emissions-Regularien verlangen nach neuen Konzepten. Und da hat sich die Ingenieurs-Zunft im Schwabenland merklich den Kopf zerbrochen.

Augenscheinlich erfolgreich, wie wir uns schon hier zu bemerken erlauben: Die Entwickler konstruierten einen völlig neuen Dreiliter-Boxerbenziner und versahen ihn mit zwei Turboladern mit „veränderten Verdichtern“. Vor dem Heckspoiler installierten sie getrennte Öffnungen für Ladeluft und Ladekühlerluft. Weiter­e Stellgrößen waren die Motorsteuerung und eine spezielle Abgasanlage, was schließlich in zwei Leistungsstufen mündete: im Carrera (Coup­é wie Cabriolet) leistet die Neukonstruktion 370 PS, im Carrera S 420 PS. Gegenüber dem bisher verwendeten Sauger sind das jeweils 20 Pferdestärken mehr. Noch deutlicher wird die Steigerung beim maximalen Drehmoment, das um jeweils 60 auf 450 beziehungsweise 500 Newtonmeter stieg. Klarerweise liegt das Maximum nicht nur früher an, sondern hält auch lange an: zwischen 1700 und 5000 Umdrehung/Minute.

Es drängt sich die Frage auf: Warum die ganze Mühe aufbringen? Ganz einfach: Der 911 Carrera/911 Carrera S wird mit den neue­n Triebwerken erstens schneller und zweitens umweltverträglicher. Im ersten Fall bele­gen Zeitmesser den Fortschritt: Das Carrera Coupé stürmt mit optional erhältlichem Siebengang-Doppel­kupplungsgetriebe PDK und Sport Chrono Paket in 4,2 Sekunden von null auf 100 km/h (0,2 Sekunden schneller als zuvor), der Carrera S benötigt lediglich 3,9 Sekunden für diesen Sprint (ebenfalls eine Reduktion von 0,2 Sekunden). Der Normverbrauch sinkt beim Carrera um 0,8 auf 7,4 Liter je 100 Kilometer, beim S-Derivat auf 7,7 Liter je 100 Kilometer – in beiden Fällen ist auch hier das PDK maßgeblich, nicht der ebenfalls lieferbare Siebengang-Handschalter.

Die Angst vor einem Turbo­loch und einem für diesen Fahrzeugtypus ungewöhnlichen Beschleunigungserlebnis war da – und ist unbegründet angesichts der ersten Fahrpraxis auf der Vulkaninsel Teneriffa rund um die höchste Erhebung Spaniens, den Teide. Der Motor spricht erstaunlich schnell an und belastet mit zunehmender Drehzahl mit immer mehr Leistung die Hinterachse. Bis 7500 Touren können wir ungehemmt hochdrehen, ohne vom Begrenzer einen Ruck zu erhalten. Um das Ansprechverhalten noch mehr zu schärfen, dienen sich zwei Sportmodi auf einem Drehknopf an, der auf dem Lenkrad untergebracht ist. Diese Einheit hat noch eine Minitaste integriert, einen so genannten Sport Response Button. Hier stellen sich für 20 Sekunden einige Parameter auf ein rasantes Überholmanöver ein, der optimale Gang und der Ladedruck sind voreingestellt.

Was die Carrera-Fangemeinde zusätzlich freuen dürfte, ist die Porsche-Entscheidung, dem Carrera S per Option eine Hinterachslenkung einzupflanzen. Diese Konstruktion kann bei niedrigen Tempi dank gegenläufiger Einstellung die Wendigkeit erhöhen, bei höheren Geschwindigkeiten dank gleichsinniger Bewegung die Fahrstabilität. Weitere Neuerungen finden sich in Form des erhältlichen Spurwechselassistenten und im Liftsystem, das den Bug via Knopfbetätigung um 40 Millimeter anhebt, um das Aufsetzen des Fahrzeugs zu unterbinden.

Im Innenraum gibt es als wesentliche Neuerung das neue Porsche Communication Management (PCM), das Navigation mit Verkehrsdaten in Echtzeit, Spracheingabe und Handschrift beherrscht, außerdem mit einem Sieben-Zoll-Touchscreen kombiniert ist sowie harmonisch mit Smartphones kommuniziert. Eine WLAN-Anbindung ist integriert.

Das 4,45 Meter lange 911 Carrera Coupé bieten Porsche-Händler ab 115.252 Euro an, das S Coupé ab 132.990 Euro. Das Cabriolet findet sich in der 370-PS-Variante ab 131.082 Euro beim Käufer wieder, das S Cabriolet fährt ab 149.296 Eur­o vor. Früheste Auslieferung erfolgt am 12. Dezember.