Sinai-Absturz - Flugschreiber zeichnete Explosionsgeräusch auf
Paris/Moskau/Kairo (APA/dpa/AFP) - Die Auswertung der Flugschreiber des in Ägypten abgestürzten Ferienfliegers stützt nach französischen Med...
Paris/Moskau/Kairo (APA/dpa/AFP) - Die Auswertung der Flugschreiber des in Ägypten abgestürzten Ferienfliegers stützt nach französischen Medienberichten die These eines Terroranschlags. Während des Flugs sei klar ein Explosionsgeräusch zu hören, berichtete der Fernsehsender France 2 am Freitag online unter Verweis auf einen Ermittler. Dieser habe erklärt, die Explosion sei nicht die Folge einer Triebwerkspanne.
Die Nachrichtenagentur AFP meldete unter Berufung auf eine anonyme Quelle, der Flugdatenrekorder bestätige einen plötzlichen Absturz: „Alles ist normal, völlig normal während des Flugs, und dann plötzlich nichts mehr.“ Zudem wirke es auf Fotos der Trümmerteile so, als seien diese von innen getroffen worden, was eher für die These einer Bombe spreche.
In beiden Fällen wurden die Quellen der Informationen nicht näher genannt. An der Untersuchung des Falls sind auch französische Ermittler beteiligt. Der russische Ferienflieger mit 224 Menschen an Bord war vergangenen Samstag kurz nach dem Start in Sharm el-Sheikh über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Niemand überlebte.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Russlands Präsident Wladimir Putin wollen nach dem Unglück nun enger zusammenarbeiten. In einem Telefonat am Freitag vereinbarten die Staatschefs die „bilaterale Kooperation“ zu verstärken, um die Sicherheit für russische Touristen in Ägypten zu gewährleisten und die Sicherheitsmaßnahmen für russische Flugzeuge zu verstärken.
Nach dem Absturz hatte Putin am Freitag sämtliche Flüge nach Ägypten gestoppt. Davor hatte Moskau Mutmaßungen über eine Bombe als Absturzursache als „Spekulation“ abgetan. Den Stopp der Flugverbindung hatte zuvor der russische Inlandsgeheimdienst FSB vorgeschlagen. Dies bedeute nicht, dass Russland sich auf einen Terroranschlag als Absturzursache festlege, betonte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau.
Der Stopp der Ägypten-Flüge hat drastische Auswirkungen: Nach Angaben des russischen Tourismusverbandes halten sich derzeit 45.000 russische Touristen in Ägypten auf, die Hälfte davon in Sharm el-Sheikh, wo der abgestürzte Airbus gestartet war. Der Tourismusverband schätzt die Zahl sogar auf rund 70.000. Ägypten ist eines der beliebtesten Ferienziele der Russen. Der Rücktransport könnte nach Expertenschätzung zwei Wochen oder länger dauern. Die Gesellschaft Aeroflot schickte noch am Abend eine leere Maschine nach Kairo.
Bisher hatten britische und westeuropäische Airlines lediglich ihre Verbindungen zum Badeort Sharm el-Sheikh gestoppt. Die britische Regierung hält es für wahrscheinlich, dass Terroristen eine Bombe an Bord des Fliegers geschmuggelt haben. Ägypten und Russland mahnten dagegen zu Geduld.
Die britische Regierung erhielt einem Bericht der BBC zufolge Hinweise, wonach möglicherweise eine Bombe im Frachtraum des Airbus A321 versteckt gewesen sei. Die BBC-Informationen stützten sich auf abgehörte Gespräche von Milizen auf der Sinai-Halbinsel. Zuvor hatte die Terrormiliz IS behauptet, für die Katastrophe verantwortlich zu sein.
Nach dem Flugverbot hielten die Behörden bereits die ersten Maschinen an den Moskauer Flughäfen zurück. Mehr als zehn Flüge seien am Abend aufgehalten worden, meldete die Agentur Tass. Die Behörden richteten einen Krisenstab ein mit Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch an der Spitze. Der Stab soll den Rücktransport der in Ägypten gestrandeten Russen organisieren.
In der Region sitzen auch bis zu 20.000 Briten fest. Eine groß angelegte Rückholaktion der britischen Regierung lief nur schleppend an. Offiziellen Angaben zufolge durften zunächst nur acht von 29 geplanten Sonderflügen starten. Die ägyptischen Behörden machen dafür die nicht ausreichende Flughafenkapazität und striktere Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich.
Auch Dänemark rät seit Freitagabend von Reisen in den Urlaubsort Sharm el-Sheikh ab. Die Chartergesellschaften wollten ihre Flüge einstellen. Urlauber vor Ort würden wie geplant heimgeflogen werden, so der dänische Reiseanbieterverband. Das österreichische Außenministerium empfiehlt „landesweit verstärkte Umsicht“ aufgrund erhöhter Anschlagsgefahr. Vor Reisen in den Nord-Sinai und in das Sahara-Gebiet wird ausdrücklich gewarnt. Derzeit befinden sich nach Angaben des Außenamtes rund 320 Österreicher in Sharm el-Sheikh.