Papst verurteilt Dokumenten-Entwendung: „Setze Reformen fort“

Vatikanstadt (APA) - Der Papst hat sich beim Angelus-Gebet am Sonntag erstmals zum Skandal über die entwendeten Dokumente im Vatikan geäußer...

Vatikanstadt (APA) - Der Papst hat sich beim Angelus-Gebet am Sonntag erstmals zum Skandal über die entwendeten Dokumente im Vatikan geäußert. Die Entwendung der Dokumente bezeichnete Franziskus als „Verbrechen“. Es handle sich um eine „verwerfliche Geste“, die ihn bei seinen Reformen keineswegs unterstütze.

Entwendet worden seien Dokumente, die er und seine Mitarbeiter gut kannten, sagte der Papst. Er selber habe eine Prüfung der Lage im vatikanischen Finanzwesen beauftragt, die bereits „sichtbare Früchte“ gebracht habe. „Ich kann versichern, dass dieser traurige Vorfall mich nicht von der Reformenarbeit abbringt, die ich mit meinen Mitarbeitern mit Eurer Unterstützung vorantreibe“, sagte der Papst. Der Heilige Vater bat die Gläubigen, für ihn und die Kirche zu beten, ohne sich von Berichten über Skandale trüben zu lassen. Er rief die Gläubigen auf, „mit Vertrauen und Hoffnung“ nach vorn zu schauen. „Die Kirche erneuert sich mit dem Gebet und der täglichen Heiligkeit jedes Gläubigen“, so der Papst. Seine Worte wurden vom Applaus der Gläubigen auf dem Petersplatz unterbrochen.

Wegen der Entwendung heikler Dokumente über die Finanzlage des Vatikan war vor einer Woche der spanische Prälat Lucio Angel Vallejo Balda festgenommen worden, der sich seitdem bei der vatikanischen Gendarmerie in Untersuchungshaft befindet. Ermittelt wird auch gegen die PR-Beraterin Francesca Chaouqui. Die beiden werden beschuldigt, den Investigativjournalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi heikle Dokumente über Missstände und Veruntreuung von Spendengeldern in der Kirche zugespielt zu haben. Die Sachbücher der beiden Journalisten wurden diese Woche veröffentlicht. Gerüchte, nach denen der Vatikan auch gegen einen ehemaligen RAI-Manager ermittelt, wurden am Samstag dementiert.

Laut italienischen Medien befindet sich die Untersuchung der vatikanischen Justiz in der Endphase. Die Staatsanwälte rechnen damit, bis zu der für den 25. November geplanten Papst-Reise nach Afrika die Untersuchung abgeschlossen zu haben.

Der italienische Episkopatssekretär, Bischof Nunzio Galantino, kritisierte die beiden von Nuzzi und Fittipaldi veröffentlichten Sachbücher. Die Bücher würden lediglich Informationen enthalten, die dank der Bemühungen des Papstes um mehr Transparenz bereits bekannt seien. „Ich frage mich, ob man die Veröffentlichung entwendeter Dokumente als Journalismus bezeichnen kann. Was haben die beiden Journalisten von sich aus beigesteuert?“, fragte Galantino im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ am Sonntag. „Das Bild, das aus den Büchern hervorgeht, ist das einer Kirche, die die Armen bestiehlt. Das ist eine Verzerrung der Wahrheit, die an intellektuelle Unehrlichkeit grenzt“, erklärte der Bischof.

Mit der Affäre seien jedoch auch Chancen verbunden, gab Galantino zu. „Das ist ein Moment der Gnade, daran habe ich keine Zweifel. Es ist eine außerordentliche Gelegenheit, unseren Lebensstil, unsere Art zu reden und zu handeln, zu überprüfen“, erklärte der Bischof.