Entschleunigt durch die Dunkelheit
Der schwedische Indie-Star José González spielte mit neuem Album in Innsbruck. Rund 1200 Fans waren in den Hafen gekommen.
Von Silvana Resch
Innsbruck –Es ist ein seltenes Konzertvergnügen, einmal nicht von unzähligen leuchtenden Smartphone-Displays geblendet zu werden. Die Aufmerksamkeit gehörte Donnerstagabend ganz José González. Ein Singer/Songwriter, der mit kluger Reduktion besticht. Seine streichelweiche Stimme und die zart schwebenden Akustiknummern lassen die Zeit wieder zu einem geduldigen Gefährten werden. Kaum vorstellbar, dass draußen aufgeregte Aufmerksamkeitskämpfe toben. Den Zuhörer im Innsbrucker Hafen nimmt es da nicht wunder, dass der Schwede mit argentinischen Wurzeln schon mal den Support für den Dalai Lama gegeben hat.
Zu viele Worte wurden Donnerstagababend auch nicht verloren, eine knappe Begrüßung, eine ebenso knappe Verabschiedung mehr als eine Stunde später, dazwischen noch die freundliche Information, dass González mit vierköpfiger Band untertags einen Ausflug in die Berge unternehmen konnte.
Entschleunigung und Verknappung also, lediglich bei den letzten beiden Stücken vor der Zugabe, „Teardrop“ und „Heartbeats“, werden dann doch ein paar Handys gezückt. Schließlich wurde die letztere der beiden Cover-Nummern (ursprünglich von The Knife, González’ Version erschien auf seinem 2005er Debüt-Album „Veneers“) durch eine TV-Werbung zum weltweit erfolgreichen Wohlfühlhit. Die bunten Bälle, die 2005 noch im Fernsehspot durch San Francisco tanzten, finden sich in der dezenten Lichtshow übrigens wieder, freilich ebenfalls reduziert und verlangsamt, werden sie in monochromen Grün an die Rückwand der quadratischen Halle projiziert.
Der Zauber der behutsam leisen Töne will sich dort, zumindest auf den hinteren Plätzen, nicht ganz entfalten. Zu schlecht die Sicht im gut gefüllten Hafen, zu schlecht die Akustik, zu wenig Platz zum Anlehnen. Ein Pärchenkonzert, in dem man sich ohne entsprechende Begleitung nach einem Liegestuhl sehnt. Auch die Stücke des neuen Albums „Vestige & Claws“, das González nach siebenjähriger Pause heuer vorlegte, bieten keine Abwechslung. Der künstlerisch umtriebige Sänger, der auch Frontmann der krautrockigeren Band Junip ist, bleibt sich in den leichtfüßigen, leise melancholischen Nummern – rhythmisiert von Gitarre und live zwei Perkussionisten – treu
Textlich schürft der Songwriter stets tief am menschlichen Wesen, abgeklärte Kontemplation, die garantiert nicht verstört. Mit einem der Jahreszeit angemessenen Ratschlag wird das Publikum schließlich entlassen, „Don’t let the darkness eat you up“ heißt es in dem Song „Down the Line“. Der Winter kann kommen.