„Diese Ziele wurden bewusst gewählt“
„Solche Angriffe sollen die Menschen im Kern erschüttern und eine breite Öffentlichkeit erreichen“, sagt der Innsbrucker Terrorismusexperte Franz Eder im TT-Interview.
Innsbruck – Für den Innsbrucker Terrorismusexperten Franz Eder sind die Anschläge nicht typisch für den IS, die Auswahl der Ziele wurde aber ganze bewusst gewählt.
Nach dem, was man bisher weiß, wie kann man die Terroranschläge von Paris einordnen.
Franz Eder: Das ist sicher untypisch für den Islamischen Staat und wie er bisher vorgegangen ist. Das Ziel war es bisher nicht, in Europa Anschläge zu verüben, sondern einen eigenen Staat aufzubauen. Seit der IS aber gezielt bekämpft wird, er nicht nur an Gebiet, sondern den Nimbus der Unbesiegbarkeit und Attraktivität verloren hat, dürfte sich das geändert haben. Auf diesem Hintergrund muss man die offensichtlich befohlenen Anschläge betrachten. Frankreich ist auch auf Grund seines Engagements in Syrien und der großen und ungelösten Probleme in seinen Vorstädten ein prädestiniertes Anschlagsziel.
Angesichts der höchsten Terrorstufe in Frankreich fragt man sich trotzdem, wie so ein Angriff unbemerkt geplant werden kann.
Eder: Es ist prinzipiell möglich, dass Attentäter aus dem Ausland eingeschleust werden. Wahrscheinlicher ist es aber, dass man Menschen vor Ort anwirbt. Bei den Terroranschlägen in der jüngeren Vergangenheit hat man ganz klar gesehen, dass sich die Täter auf einfache Waffen beschränken, um maximalen Schaden zu verursachen. Oft kennen sich die Täter untereinander und planen die Taten nicht im Internet oder am Telefon, sondern treffen sich ganz einfach und kommen erst gar nicht ins Fadenkreuz der Behörden.
Die Wirkung in der Öffentlichkeit ist für die Täter besonders wichtig.
Eder: Das ist das Wichtigste. Die Ziele sind auch ganz bewusst gewählt. Klassische, weiche Ziele, die eine liberale Demokratie nicht schützen kann und will. Da kommt für die Menschen ein psychologischer Faktor dazu. Nicht mehr einfach gemütlich auf ein Konzert oder ins Café gehen zu können. Das erschüttert die Menschen im Kern. Beim Fußballspiel war ein maximales Medienecho zu erwarten.
Das Attentat wird Diskussionen über die Aufnahme von Flüchtlingen auslösen.
Eder: Diese Menschen flüchten vor dem IS. Das muss man klar sagen. Aber natürlich ist es nicht auszuschließen, dass auch jemand eingeschleust wird. Man sieht daran, welche Herausforderungen hier auf die EU zukommen. Bei der Registrierung von Flüchtlingen hat Österreich sicher bisher auf der ganzen Linie versagt.
Sind Großereignisse wie die EURO 2016 potenzielle Anschlagsziele?
Eder: Solche Events sind natürlich mögliche Ziele. Allerdings sind sie auch sehr stark gesichert. Wahrscheinlicher sind aber Angriffe ähnlich dem vom Freitag.
Das Interview führte Marco Witting