Flüchtlinge - EU und Türkei stellen Beziehungen auf neue Basis

Brüssel (APA/dpa) - In der Flüchtlingskrise stellen die EU und die Türkei ihre Beziehungen auf eine neue Basis. Die beiden Partner vereinbar...

Brüssel (APA/dpa) - In der Flüchtlingskrise stellen die EU und die Türkei ihre Beziehungen auf eine neue Basis. Die beiden Partner vereinbarten bei einem Sondergipfel in Brüssel einen gemeinsamen Aktionsplan, um den Zustrom syrischer Flüchtlinge nach Europa einzudämmen.

Die EU zahlt drei Milliarden Euro an das Kandidatenland. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte nach Abschluss des etwa vierstündigen Spitzentreffens am Sonntagabend, das Geld diene ausschließlich zur Flüchtlingshilfe, also zur Gesundheitsversorgung oder für Schulen.

Wie die Lastenteilung unter den 28 EU-Staaten geregelt wird, ist noch unklar. Wenn nach dem üblichen EU-Schlüssel verfahren wird, kommen auf Berlin etwa 500 Millionen Euro zu. „Die Türkei erwartet mit Recht, dass die EU sie entlastet“, sagte Merkel. Die Türkei habe bisher wenig internationale Unterstützung bekommen.

Die Gespräche zum visafreien Reisen und die Beitrittsverhandlungen werden beschleunigt. Ankara sichert zu, heimische Küsten besser zu schützen und effektiver gegen Schlepper vorzugehen. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sprach von einem historischem Treffen. Das Land beherbergt nach Angaben aus Ankara allein rund 2,2 Millionen syrische Flüchtlinge.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kündigte ein weiteres Treffen jener Länder an, die von der Flüchtlingskrise besonders betroffen seien. So soll wahrscheinlich vor dem nächsten EU-Gipfel Mitte Dezember gemeinsam mit der Türkei und mit Griechenland gemeinsam überprüft werden, wie die heutigen Gipfelbeschlüsse funktionieren. „Wir warten nicht bis Jänner oder Februar, sondern wir werden in 14 Tagen das erste Mal überprüfen“, sagte Faymann.

Die EU überwindet mit dem neuen Türkei-Pakt eigene Vorbehalte. Denn die Union bemängelt seit Jahren Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit und bei der Pressefreiheit in der Türkei. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte, Meinungsverschiedenheiten würden nicht unterdrückt: „Menschenrechte, Pressefreiheit - all dies ist wichtig und wird immer wieder zurückkommen.“

Über Kritik an der Menschenrechtssituation in der Türkei wurde nach Angaben von Merkel beim Gipfel nur am Rande gesprochen. Sie betonte, die verstärkte Zusammenarbeit biete dafür künftig aber mehr Raum. „Wir haben gesagt, wenn wir strategische Partner sind, müssen wir die Themen, zu denen wir Fragen oder auch Anmerkungen oder Kritik haben, auch offen aussprechen.“

Türkische Staatsbürger können darauf hoffen, ab Oktober 2016 ohne Visum nach Europa reisen zu dürfen. Auch die lange Zeit quasi eingefrorenen EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Kandidatenland werden vorangetrieben.

Noch im Dezember soll das Verhandlungskapitel 17 über Wirtschaft und Finanzen geöffnet werden. „Wir sind übereingekommen, dass der Beitrittsprozess wiederbelebt werden muss“, sagte Tusk. Die EU-Kommission bereitet für das kommende Frühjahr die Öffnung weiterer Verhandlungsbereiche vor.