Salzburg 2016 - Mozart ein Salzburger oder ein Österreicher?

Salzburg (APA) - Wenn Salzburg bis 1805 ein eigenständiges Territorium war und erst seit 1816 einen Teil Österreichs bildet, kann dann Wolfg...

Salzburg (APA) - Wenn Salzburg bis 1805 ein eigenständiges Territorium war und erst seit 1816 einen Teil Österreichs bildet, kann dann Wolfgang Amadeus Mozart überhaupt ein Österreicher gewesen sein? Der berühmte Sohn der Stadt starb bekanntlich 1791.

Der Salzburger Historiker Gerhard Ammerer (einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Gesellschaftsgeschichte der Mozart-Zeit) ist der Frage anlässlich des Mozartjahres 2006 auf den Grund gegangen. Und ganz vereinfacht gesagt kommt er zum Ergebnis, dass Mozart „zunächst Angehöriger des Salzburger Erzstiftes war, denn hier wurde er geboren und hier bestand auch - bei allen, zum Teil auch recht langen Reisen - sein Lebensmittelpunkt bis 1781.“ Und weiter: „Nach seiner Übersiedlung nach Wien, spätestens jedoch ab seiner Heirat, war Wolfgang Mozart österreichischer Staatsangehöriger, da er durch die Wahl seines Lebensmittelpunktes und diverse administrative Gegebenheiten ‚in die Staatsverbindung getreten‘ war“, so der Historiker.

Eine Staatsbürgerschaft im heutigen Sinne gab es zur Zeit des Komponisten noch nicht. Zu dieser Zeit sei die Staatsbürgerschaft „als Rechtsverhältnis sowie als persönlicher Status innerhalb des Gemeinwesens“ betrachtet worden, wobei die Menschen gegenüber dem Staat Rechte und Pflichten zugleich hatten.

„Mozart hat sich selbst als Salzburger gefühlt“, sieht es Ulrich Leisinger, der wissenschaftliche Leiter der Stiftung Mozarteum, im Gespräch mit der APA ähnlich. Auch er verwies darauf, dass der Komponist lange Zeit im Dienste des Fürsterzbischofs Hieronymus Colloredo gestanden ist. Erst nach wiederholten Auseinandersetzungen mit seinem Dienstgeber - zuletzt wegen seines langen Aufenthaltes in München - und einem Fußtritt des erzbischöflichen Kämmerers Graf Karl Joseph Felix Arco kündigte Mozart 1781 beim Hof und übersiedelte nach Wien.

Immer wieder für Verwirrung haben Aussagen Mozarts selbst gesorgt, was unter anderem dazu führte, dass der berühmte Salzburger 2003 auf eine 300 Personen umfassende Liste geraten war, mit der das deutsche ZDF die größten Deutschen suchte. Denn auch wenn sich Mozart in seinen Briefen nicht zur Frage seiner „Staatsbürgerschaft“ im heutigen Sinne geäußert hatte, bezeichnete er sich doch in mehreren Briefen als „Teutscher“. So ist etwa in einem Brief an seinen Vater vom 1. Mai 1778 aus Paris zu lesen: „ich bette alle tag gott, daß er mir die gnade giebt, daß ich hier standhaft aushalten kan; daß ich mir und der gantzen teütschen Nation Ehre mache“. Vier Wochen später, am 29. Mai 1778, schrieb er erneut an seinen Vater: „was mich aber an meisten aufricht, und guts Muths erhält, ist der gedancke, daß sie, liebster Papa, und meine liebe schwester, sich gut befinden - daß ich ein Ehrlicher Teütscher bin“.

Und am 17. August 1782 schrieb er aus Wien an seinen Vater: „Ich glaube so viel im Stande zu seyn daß ich Jedem Hofe Ehre Machen werde. - will mich Teütschland, mein geliebtes vatterland, worauf ich: wie sie wissen :

Stolz bin, nicht aufnehmen, so muß im gottes Nammen frankreich oder England wieder um einen geschickten Teutschen Mehr reich werden; - und das zur schande der teutschen Nation. - sie wissen wohl daß fast in allen künsten immer die Teutschen dieJenigen waren, welche Excellirten - wo fanden sie aber ihr glück, wo ihren Ruhm? - in teutschland wohl gewis nicht!“

Leisinger nennt den Grund: Die Menschen hätten sich damals nicht einem bestimmten Nationalstaat zugehörig gefühlt, sondern jenem Raum, in dem es dieselbe Sprache und Kultur gab, also dem deutschen Sprachraum. Zu Mozarts Zeit existierte ein Rechtssubjekt mit Namen „Deutschland“ ebenso wenig wie eines namens „Italien“, von dem er an anderer Stelle schrieb, heißt es im Online-Lexikon Wikipedia. Und Ammerer ergänzt: Mozart habe sich damit nicht als Angehöriger des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation betrachtet. Vielmehr sei es um eine Aufwertung der deutschen Sprache als Gegenbewegung zur französischen und italienische Sprache und Kultur gegangen. Mozart „bediente sich dieser Formulierungen vor allem dann, wenn es ihm ... speziell um die Aufwertung der deutschen gegen die italienische Sprache für die Opernbühne ging“, so der Historiker.

Mozartforscher Leisinger lieferte aber auch etliche Zitate, in denen Mozart von Salzburg sprach. So schrieb er gemeinsam mit seiner Mutter kurz vor Weihnachten 1777 in einem Brief an den Vater: „und ich und der wolfgang Empfehlen uns der ganzen Salzburger welt“. Und knapp ein Jahr später schrieb der Komponist erneut an den Vater: „meine Empfehlung, und an alle Salzburger die ein bischen wissen wie es ausser den Salzburgerland aussieht“. Am 5. Juni 1770 wechselte er in einem Schreiben an seine Schwester die Sprache von Deutsch auf Italienisch und Französisch, schließlich meinte er: „redma dofia Soisburgarisch don as is geschaida“.

Wenn sich der Komponist also auch als Salzburger gefühlt hat, heißt dass noch lange nicht, dass er seine Heimat und deren Bewohner auch gemocht hat: „ich schwöre ihnen bey meiner Ehre daß ich Salzburg und die ihnwonner

: ich rede von gebohrnen Salzburgern :

nicht leiden kann; - mir ist ihre sprache - ihre lebensart ganz unerträglich“, brachte er am 8. Jänner 1779 erneut in einem Brief an den Vater zu Papier. Und in einem Brief an Joseph Bullinger vom 7. August 1778 aus Paris heißt es: „Nun von unserer Salzburger History! sie wissen, bester freünd, wie mir Salzburg verhasst ist! - nicht allein wegen den ungerechtigkeiten die mein lieber vatter und ich aldort ausgestanden“.