Kunst

Illusionisten unter sich

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Der dänisch-isländische Künstler Olafur Eliasson war im Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen zugange und hat die barocke Pracht gleichermaßen seziert wie potenziert.

Von Ivona Jelcic

Wien –Zwischen Selbst-, Fremd- und Weltanschauung können sich mitunter tiefe Gräben auftun, im Winterpalais des Prinzen Eugen aber korrespondieren sie ganz prächtig. Was nicht nur daran liegt, dass Olafur Eliasson eine riesige Spiegelwand durch die Prunk­räume gezogen hat und den Betrachter auch durch allerlei andere optische Winkelzüge immer wieder auf das eigene Ich zurückwirft – etwa wenn er sich beim Betreten des einstigen Konferenzzimmers als vervielfältigter Schattenriss an die Wand projiziert sieht. Ins Auge fällt aber auch, wie raffiniert hier Repräsentations- und Illusionslust des Barock in die Gegenwartskunst gespiegelt wird: „Baroque Baroque“ ist eine potenzierte Welt des Staunens, eingerichtet im zwischen 1697 und 1724 errichteten Winterpalais in der Himmelpfortgasse, Prinz Eugens erstem Wiener Prunkbau, dem später mit dem Oberen und Unteren Belvedere noch sehr viel herrschaftlichere folgen sollten.

Staunen darf man im Winterpalais nebenbei bemerkt noch immer darüber, dass die Prunkräume bis ins Jahr 2013 vom Finanzministerium genutzt wurden; seit sie für museale Zwecke freigemacht und dem Belvedere als Dependance angeschlossen sind, werden auch zeitgenössische Künstler zur räumlichen Auseinandersetzung eingeladen. Olafur Eliasson, 1967 geborener Däne mit isländischen Wurzeln, weckte diesbezüglich schon im Vorfeld große Erwartungen. Einige seiner spektakulären Installationen sind legendär, etwa die künstliche Sonne, die er 2003 in der Londoner Tate Modern scheinen, oder die Wasserfälle, die er 2008 u. a. von der Brooklyn Bridge in den New Yorker East River stürzen ließ. Eliasson vereint Kunst, Wissenschaft und Experiment auch mithilfe einschlägiger Experten – geht es um die Natur, dann etwa mit dem Geologen Minik Rosing, mit dem ein Projekt für die gerade gestartete Klimakonferenz in Paris entwickelt wurde: Im Rahmen von „Ice Watch“ sollten 80 Tonnen Eis aus einem grönländischen Fjord auf den Pariser Place du Pantheon transportiert werden, um dort zu schmelzen. Zuletzt war angesichts der Terroranschläge in Paris unklar, ob sich das Projekt auch umsetzen lassen würde, nun wird es offenbar doch am Donnerstag eröffnet, wie es gestern in einer Aussendung der Stiftung Bloomberg Philanthropies hieß.

Die Schau in Wien ist in Kooperation mit Francesca Habsburgs Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (TBA21) entstanden, aus der eine Reihe der gezeigten Werke stammt, weitere kommen aus einer argentinischen Privatsammlung. Riesige, eifrig für Fotosessions genutzte Kaleidoskope finden sich da, ein filigran wirkender Tunnel aus Stahlbändern oder auch die Videoarbeit „Innen Stadt Außen“ von 2010, für die Eliasson einen mit riesigen Spiegeln verkleideten Transporter durch Berlin schickte, auf dem vorbeiziehende und gespiegelte Bilder eine kaum mehr entschlüsselbare urbane Gemengelage bilden.

Dass hier intensiv an Wahrnehmung und Realitätskonstruktion operiert wird, zeigt freilich bereits der Aufgang über die Prunkstiege: Gelbe Monofrequenzleuchten „schlucken“ das gesamte übrige Farbspektrum und lassen die Umgebung samt Deckenfresken in einem fast schwindelerregenden Schwarzweiß zurück. „Wishes versus wonders“ wiederum lässt sich auch als poetische Parabel auf militärisch gefestigte Weltgefüge lesen: Inmitten des zu Ruhmeszwecken eingerichteten Schlachtenbildersaales des kunstsinnigen Feldherren Prinz Eugen lässt Eliasson einen schlichten halbkreisförmigen Metallring über dem Boden schweben. Er dockt an eingangs erwähnter Spiegelwand an und schließt sich so zum Ring, der, als hätte Eliasson damit einen Globus andeuten wollen, sich leicht zu einer unsichtbaren Rotationsachse neigt.