Zwei Israelis nach Mord an jungem Palästinenser schuldig gesprochen
Jerusalem (APA/AFP/Reuters/dpa) - Fast eineinhalb Jahre nach dem brutalen Mord an einem palästinensischen Jugendlichen sind zwei Israelis sc...
Jerusalem (APA/AFP/Reuters/dpa) - Fast eineinhalb Jahre nach dem brutalen Mord an einem palästinensischen Jugendlichen sind zwei Israelis schuldig gesprochen worden. Das Jerusalemer Bezirksgericht sah es am Montag als erwiesen an, dass die zur Tatzeit Minderjährigen den 16-jährigen Mohammed Abu Khudair im Juli 2014 entführt und lebendig verbrannt hatten.
Der Urteilsspruch gegen den mutmaßlichen Drahtzieher des Mordes wurde vertagt, weshalb neue Spannungen befürchtet wurden. Bei den beiden Verurteilten handelt es sich um zwei inzwischen 18-jährige rechtsextreme Juden, die zum Zeitpunkt ihrer Anklage im Juli vergangenen Jahres 16 Jahre alt waren. Einer von ihnen stammt aus Jerusalem, der andere aus der israelischen Stadt Beit Shemesh. Das Strafmaß für die beiden soll am 13. Jänner verkündet werden.
Am 20. Dezember soll zudem entschieden werden, ob der mutmaßliche Drahtzieher, der 31-jährige Siedler Josef Haim Ben-David, schuldfähig ist. Die Anwälte des Mannes hatten seit Beginn des Prozesses Ende Juli 2014 erklärt, ihr Mandant, der sich selbst als „Messias“ bezeichnet, sei nicht schuldfähig. Allerdings legten sie ein entsprechendes psychiatrisches Gutachten laut Gericht erst vor wenigen Tagen vor.
Der Vater des Opfers kritisierte die Verzögerung bei der Urteilsverkündung gegen Ben-David. Dass das psychiatrische Gutachten erst in letzter Minute eingereicht worden sei, sei ein „Trick“. Zudem forderte er den Abriss der Häuser der beiden Verurteilten und des mutmaßlichen Anführers, so wie Israel dies bei palästinensischen Attentätern tue. „Das Gericht behandelt Araber anders als Juden“, sagte Hussein Abu Khudair vor Journalisten vor dem Gericht. Auch die radikalislamische Hamas verurteilte auf das Schärfste, dass Ben-David noch nicht verurteilt worden sei.
Auch arabische Abgeordnete im israelischen Parlament kritisierten den Aufschub scharf. „Wenn es um jüdischen Terror geht, zeigt der Staat Vergebung und Verständnis“, sagte Aiman Auda, dessen arabisch-israelisches Parteienbündnis in diesem Jahr drittstärkste Kraft in der Knesset wurde, nach Angaben der „Jerusalem Post“.
Der 16-Jährige Mohammed aus dem Ost-Jerusalemer Stadtteil Shuafat war am 2. Juli 2014 im Morgengrauen auf dem Weg zur Moschee verschleppt worden. Kurz darauf wurde seine verbrannte Leiche am westlichen Stadtrand von Jerusalem im Wald gefunden. Die Ermordung des 16-Jährigen löste in den palästinensischen Gebieten gewaltsame Proteste aus. Die Angeklagten, drei rechtsextreme Juden, hatten den Mord bereits nach ihren Festnahmen gestanden und angegeben, dass es sich um einen Racheakt für die Verschleppung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen drei Wochen zuvor gehandelt habe.
Die drei jüdischen Talmudschüler waren Mitte Juni im Süden des Westjordanlands gekidnappt und getötet worden. Israel startete daraufhin eine großangelegte Militäraktion, um die Jugendlichen zu finden und ihre Entführer aufzuspüren. Die Entführten wurden schließlich am 30. Juni, zwei Tage vor Mohammeds Ermordung, erschossen in einem unwegsamen Gelände nördlich von Hebron aufgefunden. Die Morde an den Israelis und an dem palästinensischen Jugendlichen führten zu neuer Gewalt, die letztlich in den Gazakrieg im Juli und August 2014 mündete.
Seit Anfang Oktober ist die Lage in der Region wieder äußerst angespannt, insbesondere in den besetzten Palästinensergebieten und in Jerusalem. Palästinensische Einzeltäter verübten seither dutzende Attacken auf Israelis mit Stichwaffen, Schusswaffen und Autos. Die israelischen Sicherheitskräfte reagierten ihrerseits mit sofortigem Schusswaffeneinsatz. Mehr als hundert Palästinenser sowie 17 Israelis, ein US-Bürger und ein Eritreer wurden getötet; zahlreiche Menschen wurden verletzt. Bei der Mehrzahl der getöteten Palästinenser handelte es sich um erwiesene oder mutmaßliche Attentäter.
Israel beschloss indes, nach der Einführung der Kennzeichnungspflicht für Siedlerprodukte, vorerst nicht mehr mit der EU als Vermittlerin im Nahost-Konflikt zusammenzuarbeiten. Die diplomatischen Beziehungen zur EU und deren Vertretern würden auf Anordnung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in dieser Angelegenheit bis zu einer Neubewertung ausgesetzt, wie das israelische Außenministerium am Sonntag mitteilte.
Nach Ansicht Palästinas will Israel mit der Entscheidung die EU zu einer Kehrtwende bei der Kennzeichnungspflicht für Produkte aus Siedlergebieten zwingen. „Israel hat den Friedensprozess schon gestoppt“, sagte der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat. „Die EU ist unser Partner und wir respektieren sie.“ Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern ist derzeit vollständig unterbrochen. Die EU strebt eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche durch das Nahost-Quartett an.
Produkte, die in jüdischen Siedlungen in besetzten palästinensischen Gebieten Israels hergestellt werden, müssen gegen den Willen Israels künftig gekennzeichnet werden. Die EU-Kommission hatte die neue Pflicht zur Herkunftsbezeichnung vor kurzem beschlossen.