Lienz

Frauenzentrum Osttirol lenkt den Blick auf ein Tabuthema

Wenn Gewalt Alltag ist, ist die freudige Erwartung massiv getrübt. Das Frauenzentrum bietet Betroffenen Hilfe und Perspektiven an.
© iStock

Über Gewalt in der Schwangerschaft wird kaum gesprochen. In Lienz wird mit einer Schwerpunktaktion für dieses Problem sensibilisiert.

Von Claudia Funder

Lienz –Seit vielen Jahren beteiligt sich das Frauenzentrum Osttirol an der internationalen Kampagne, die in Form verschiedenster Aktivitäten auf die Bedrohung von Frauen durch männliche Gewalt aufmerksam macht. Für ein deutlich wahrnehmbares Zeichen nach außen nimmt man auch an der bundesweiten Fahnenaktion teil. Die Flagge mit der Aufschrift „Frei leben ohne Gewalt“ wurde erneut am Egger-Lienz-Platz gehisst und wird bis 10. Dezember zum Nachdenken anregen.

Das Frauenzentrum Osttirol mit Sitz in der Schweizergasse in Lienz hat im vergangenen Jahr 255 Mädchen und Frauen 583 persönlich und 431 telefonisch oder per E-Mail beraten. Insgesamt gab es 1905 Kontakte mit Klientinnen. Als Opferschutzeinrichtung wird – wenn die Gewalt massiv ist – auch eine Übergangswohnung geboten, in der Frauen mit ihren Kindern vorübergehend Unterschlupf und Begleitung finden. Im Vorjahr wurden hier 1395 Aufenthaltstage verzeichnet.

Das Team des Frauenzentrums – Brigitte Schieder, Barbara Brandstätter und Anna-Maria Eder – weiß von zahlreichen Formen der Gewalt zu berichten, mit denen Osttirolerinnen konfrontiert sind. Anlässlich der diesjährigen Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ richtet man in Lienz den Blick auf ein Thema, das besonders stark mit Tabus behaftet ist: Gewalt in der Schwangerschaft.

Dazu holte man sich die Familienbegleiterin des Netzwerkes „Gesund ins Leben“, Angelika Heichlinger, mit ins Boot, die für den Bezirk Lienz­ zuständig ist und in einem Vortrag aufklärte. „Die Schwangerschaft sollte als besonderer Lebensabschnitt von Zuwendung und Sicherheit geprägt sein. Wenn aber Frauen in dieser Zeit Gewalt erfahren, werden präventive Angebote wie Vorsorgeuntersuchungen und Geburtsvorbereitungskurse anteilsmäßig in einem geringeren Umfang und erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen“, weiß sie. Es gebe im Schnitt ein vierfach erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt und auch das Risiko einer Fehlgeburt sei erhöht.

Für Osttirol gibt es noch keine konkreten Zahlen, diese würden erst nächstes Jahr als Ergebnis einer Studie vorliegen. Finanzielle und emotionale Abhängigkeit mache es Betroffenen oft schwer, aus der Gewaltbeziehung auszusteigen. Werde Gewalt in der Schwangerschaft geortet, gelte es, die Frau mit Offenheit anzusprechen und ihr Möglichkeiten anzubieten, ohne jedoch zu bevormunden.

Das Frauenzentrum Osttirol, das im Rahmen der diesjährigen Schwerpunktaktion auf dieses sensible Thema aufmerksam macht, ist bewährter Ansprechpartner für Frauen, die von Gewalt in verschiedenen Formen, auch jener während der Schwangerschaft, betroffen sind. Hilfe, Begleitung und Schutz erreichen Betroffene unter der Tel. 04852/67193.

Für Sie im Bezirk Lienz unterwegs:

Catharina Oblasser

Catharina Oblasser

+4350403 3046