Explosion am Hohen Markt: „Obergutachter“ korrigierte Psychiater 1

Wien (APA) - Im Wiener Straflandesgericht ist am Dienstag der Mordprozess gegen jenen Mann fortgesetzt worden, der am 16. April 2014 seine W...

Wien (APA) - Im Wiener Straflandesgericht ist am Dienstag der Mordprozess gegen jenen Mann fortgesetzt worden, der am 16. April 2014 seine Wohnung am Hohen Markt in der Innenstadt in die Luft gejagt und damit den Tod einer 23-jährigen Nachbarin herbeigeführt haben soll. Der zum „Obergutachter“ bestellte psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann stufte den Angeklagten als nicht gefährlich ein.

Hofmann widersprach damit den Feststellungen des ursprünglich zum Gerichtspsychiater bestimmten Wolfgang Soukop fundamental und kritisierte diesen in ungewöhnlich deutlichen Worten. Hofmann war - so der entsprechende Wortlaut der Gerichtsbeschlusses - „zur Aufklärung nicht beseitigbarer Widersprüche in den Ausführungen des bisherigen Sachverständigen“ beigezogen worden, nachdem Soukop beim vorangegangen Gerichtstermin dargelegt hatte, er halte den Angeklagten zwar für zurechnungsfähig, aber derart gefährlich, dass im Fall eines Schuldspruchs zusätzlich die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geboten erscheine.

Soukop war damit von seinem eigenen im Juli 2014 erstellten Gutachten abgewichen, was er damit erklärte, damals wären ihm bestimmte Unterlagen und Informationen noch nicht zur Verfügung gestanden. Nunmehr behauptete er, der Angeklagte leide an einer schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung primär narzisstischer Natur und sei in Kombination mit nun bekannten „Risikofaktoren“ als „nicht berechenbar“ anzusehen. Deshalb - so Soukops Fazit - sei davon auszugehen, dass beim Angeklagten künftig „situationsbezogen“ wieder mit Straftaten mit schweren Folgen gerechnet werden müsse.

„Obergutachter“ Hofmann ortete beim Angeklagten nun allerdings „keinerlei psychische Auffälligkeiten“. Er habe „kein lebensbegleitendes Muster“ gefunden, das in diese Richtung weise. Beim 46-Jährigen liege mit Sicherheit keine manifeste Störung vor. Dieser sei „zu allen Zeitpunkten zurechnungsfähig“ und „mit keiner relevanten Persönlichkeitsstörung, gekoppelt mit Delinquenz“ behaftet gewesen. Es gebe keine Grundlage, den Mann bei einem Schuldspruch zusätzlich im Maßnahmenvollzug unterzubringen: „Ich sehe keine Gefährlichkeitsprognose.“

Staatsanwalt Florian Pöschl zog daraufhin seinen Unterbringungsantrag zurück. Mit dem Urteil in dem Verfahren war in den späten Nachmittagsstunden zu rechnen. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in der Wohnung, aus der er aufgrund von Mietrückständen delogiert hätte werden sollen, Benzin vergossen und angezündet zu haben. Er hatte stets versichert, er habe mit der Detonation nichts zu tun gehabt. Ein Unbekannter müsse in seine Wohnung eingedrungen sein. Als er von einem längeren Ausgang mit seinem Hund zurückkehrte und die Tür öffnete, wäre es ohne sein Zutun zu der Explosion gekommen.