Faule Mikroben ermöglichen hohe CO2- und Stickstoff-Bindung im Boden
Wien (APA) - In den Böden der Erde sind 2.500 Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert, drei Mal so viel wie in der Atmosphäre. Warum der Boden ei...
Wien (APA) - In den Böden der Erde sind 2.500 Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert, drei Mal so viel wie in der Atmosphäre. Warum der Boden ein so effizienter Kohlenstoff-, aber auch Stickstoff-Speicher ist, versteht man noch nicht völlig. Wiener Forscher berichten nun im Fachjournal „Nature Communications“, dass „faule“ Mikroben für die hohe Kohlenstoff- und Stickstoff-Bindung der Böden mitverantwortlich sind.
Organisches Material wie Pflanzen wird im Boden von Mikroorganismen abgebaut. Dabei werden Kohlendioxid und Stickstoff-Verbindungen wie Ammonium oder Nitrat freigesetzt. Ein Teil des organischen Materials bleibt allerdings unverändert im Boden - und bildet diesen mächtigen Kohlenstoff- und Stickstoff-Speicher.
Die verschiedenen Mikroorganismen im Boden müssen das organische Material erst zerlegen, um es als Nahrung nutzen zu können. Dazu scheiden sie Enzyme aus, die größere organische Moleküle sozusagen in mundgerechte Happen aufbrechen.
Bisher dachte man, dass die Mikroben einige komplexe molekulare Strukturen einfach nicht zerlegen können und sich deshalb organisches Material im Boden anreichert. In jüngster Zeit zeigte sich aber, dass die Bodenlebewesen praktisch alle größeren organischen Verbindungen aufbrechen können.
Die Antwort auf die Frage, warum die Mikroben zwar das Potenzial hätten, das komplette Futterangebot zu nutzen, dies aber nicht tun, liegt in Trittbrettfahrern. Denn nicht alle Boden-Mikroben produzieren die notwendigen Enzyme. Es gibt Mikroorganismen, die sich deren aufwendige Herstellung ersparen und stattdessen bei der von den „fleißigen“ Kollegen aufbereiteten Nahrung mitnaschen. Solche Trittbrettfahrer verfolgen eine evolutionär durchaus erfolgreiche Strategie.
Wissenschafter des Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Uni Wien und des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien haben nun in einer Computersimulation untersucht, wie die schummelnden Mikroben den Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf beeinflussen. „Dabei hat sich herausgestellt, dass die Trittbrettfahrer den Abbau von totem Pflanzenmaterial generell verlangsamen“, erklärte Studienautorin Christina Kaiser in einer Aussendung.
Weiters reichert sich bei Anwesenheit der „faulen“ Mikroben stickstoffreiches Material im Boden an, vor allem unzersetzte Reste abgestorbener Mikroorganismen. „Das passiert, weil sich durch die Anwesenheit der ‚Schummler‘ letztlich die Gesamtmenge an erzeugten Enzymen reduziert, während die Menge der mikrobiellen Biomasse in etwa gleich bleibt“, so Kaiser. Da die Mikrobenreste einen höheren Stickstoff-Anteil aufweisen als das ursprüngliche Pflanzenmaterial, kommt es nicht nur zu einer Anreicherung von organischem Material, sondern auch von Stickstoff im Boden.
Die Trittbrettfahrer dürften es dem Boden-System auch erleichtern, flexibel auf Änderungen der Umweltbedingungen zu reagieren: Wenn sich die Effizienz der Enzyme erhöht, etwa bei höheren Temperaturen, steigt auch die Anzahl der ‚faulen‘ Mikroben. Die Gesamtgeschwindigkeit der Zersetzung bleibt dadurch in etwa gleich.
(S E R V I C E - Internet: http://dx.doi.org/10.1038/ncomms9960)