Selbstgemachte Hoffnung
Nach der dramatischen Flucht aus Syrien und einem positiven Asylbescheid hat sich eine Familie rasch selbstständig gemacht: mit einem eigenen Lokal in Innsbruck.
Innsbruck –Tag 3 der „guten Geschichten“, der Aktion von Caritas und TT im Advent, die positive Initiativen in den Vordergrund rücken soll. Sie befasst sich heute mit einer syrischen Familie, die vor zweieinhalb Jahren nach Tirol geflüchtet war und mittlerweile ein kleines Lokal in Innsbruck betreibt. Eine bemerkenswerte Geschichte – vor allem weil Herr Al Toba einst in seiner Heimat selbst als Koordinator einer Flüchtlingsorganisation gearbeitet hat.
In seiner Heimat war der fünffache Vater Generalimporteur eines bekannten Babywindelherstellers. Dann kam der Bürgerkrieg. Und die Flucht. Eine Mörsergranate, die quer durchs Wohnzimmer fliegt und in der Küche detoniert, verletzt den Vater und lässt die Familie sofort die Heimat verlassen. Das Einfamilienhaus mit Garten, Freunde, Eltern, den guten Job lässt man zurück. Die Kinder sind einfach nicht mehr sicher, sagt man sich in der Familie. Da war Frau Al Toba gerade hochschwanger, musste während der Flucht drei lange Tage und Nächte hinter einer Trennwand eines Lkw-Führerhauses stehen. Zum Sitzen war kein Platz. Ihr Mann überstand die Flucht in einem doppelten Lkw-Boden. Bis sie der Fahrer irgendwo aussteigen ließ. Amstetten. Und die Familie hatte keine Ahnung, wo das war.
Über zwei Jahre hat die Caritas die Familie begleitet. Nach dem mittlerweile positiven Asylbescheid folgte die schwierige Wohnungssuche. „So etwas ist extrem schwierig“, sagt Hannes Neuerer von der Caritas, der immer wieder mit der Familie in Kontakt war. „Es war sofort klar, dass Herr Al Toba rasch selbstständig werden wollte und die Mindestsicherung verlassen wollte.“
Auch durch die Hilfe von Freiwilligen ging das so langsam voran. „Er ist dann zur Wirtschaftskammer gegangen, hat sich alles übersetzen und erklären lassen und es dann tatsächlich durchgezogen“, blickt Neuerer zurück. Durchaus mit Bewunderung für diesen Mut.
Daraus entstanden ist das Marrusch, das Frau und Herr Al Toba nach ihrer Tochter benannt haben. Täglich bis auf Samstag gibt es zwischen 10 und 22 Uhr arabische Spezialitäten in der Karmelitergasse. Samstags backt Frau Al Toba Kekse und Süßigkeiten wie Baklava. „Die Arbeit geht uns nie aus“, lachen die beiden, die ihr Lokal ganz in Eigenregie schupfen. Langsam, aber sicher laufe das Geschäft an. Nächste Woche sollen die neuen Broschüren geliefert werden.
Man merkt, dass Herr Al Toba schon vorher als Geschäftsmann gearbeitet hat. Er war in seiner Heimat aber nicht nur als Händler tätig, sondern auch für eine Hilfsorganisation, ähnlich dem Roten Kreuz, als Flüchtlingskoordinator tätig. „Er fühlte sich in Österreich immer gut aufgenommen“, sagt Neuerer von der Caritas. 2014, als die TT zum ersten Mal über die Familie berichtete, war die jüngste Tochter Marwa gerade geboren. Die Zweijährige hat Syrien nie gesehen, genauso wie ihre Großeltern. Noch immer herrscht Krieg in der Heimat. Deshalb ist man froh, in Tirol eine neue Heimat zu haben. (TT, mw)