Lkw-Maut am Brenner: Der billigste Alpenpass wird noch billiger
Die Senkung der Brennermaut für Lkw lässt die Wogen hochgehen. Alles wird auf den Prüfstand gestellt, vom Sektoralen bis hin zu Tempo 100.
Von Anita Heubacher
Innsbruck –Im Jahr 2030 soll sich die Zahl der Lkw über den Brenner auf eine Million pro Jahr halbieren. So sieht es die iMonitraf-Resolution vor, die die Alpenländer unterzeichnet haben. Resolutionen und Memoranden, den Transitverkehr reduzieren zu wollen, gibt es viele. Kritiker halten die Halbierung ohnehin für unrealistisch und sahen sich gestern bestätigt.
Ab 1. Jänner wird die Fahrt über den Brenner noch einmal günstiger. Der Mautzuschlag, der dort verlangt wird, muss um 25 Prozent reduziert werden. Verkehrsminister Alois Stöger habe reagieren müssen, sonst würden Strafzahlungen seitens der EU drohen, erklärt Stögers Pressesprecher, Christoph Ertl. Schon einmal sei der Straßenerhalter Asfinag dazu verdonnert worden, zu viel eingehobene Maut zurückzuzahlen. 150 Millionen Euro seien fällig geworden. Im Jahr 2000 hatte der Europäische Gerichtshof Österreich wegen der zu hohen Brennermaut geklagt.
Um den Brenner teurer zu machen, sieht das Wiener Verkehrsministerium vor allem Südtirol und Bayern gefordert. „Beide Länder schöpfen das Potenzial für eine Querfinanzierung und damit für eine höhere Maut nicht aus.“ Österreich sei am Plafond. Man habe alle Möglichkeiten in Betracht gezogen, die Verbilligung am Brenner sei allerdings nicht verhinderbar gewesen, lässt Stöger ausrichten.
Das Transitforum hatte bereits am Dienstag Alarm geschlagen und von „einem brutalen Anschlag auf den Nordtiroler Zentralraum“ gesprochen. Obmann Fritz Gurgiser sieht in Stögers Verordnung „einen Schnellschuss“. Stöger habe sich von der Wirtschaftskammer reinlegen lassen. Den Verweis Stögers auf die Wegekostenrichtlinie lässt Gurgiser nicht gelten. „Man könnte die Kosten für Luftbelastung und Lärm hineinrechnen, dann wäre die Höhe der Maut gerechtfertigt.“
Die Wirtschaftskammer verweist darauf, dass die neue Wegekostenrichtlinie ebendas vorsehe. In Österreich soll sie ab 1. Jänner 2018 schlagend werden. Dann dürfte die Straße für Lkw wieder teurer werden. Nur durch eine verpflichtende Verlagerung, die die EU vorschreiben müsse, sei das Problem zu lösen, meint Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Bodenseer. „Das sektorale Fahrverbot, IG-Luft und der Lufthunderter sind untaugliche Mittel und belasten die Tiroler.“
Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) meint: „Diese Entwicklung zeigt uns einmal mehr, wie dringend notwendig eine gemeinsame europäische Verlagerungspolitik zur Verkehrslenkung ist.“ Sie setzt auf die „gesamte Europaregion“ und „vorangetriebene Prozesse“. Die SPÖ verteidigte gestern ihren Minister. Es gehe darum, die Wegekostenrichtlinie zu ändern, erklärten Verkehrssprecher Georg Dornauer und EU-Abgeordnete Karoline Graswander-Hainz. Die Wegekostenrichtlinie gehe in die falsche Richtung, meint auch VP-Klubobmann Jakob Wolf.
Die FPÖ wetterte gegen Brüssel und gegen den Lufthunderter. Ebenso wie AK-Präsident Erwin Zangerl (ÖVP). Eine Senkung der Maut sei untragbar und ein „Schildbürgerstreich“.