Kerninflation

Geringe Inflation: Lockerung der EZB-Geldpolitik wahrscheinlich

Die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main.
© Reuters

Die Ölpreise drückten die Eurozonen-Teuerung im November auf 0,1 Prozent. Weitere Einlagenzinssenkung denkbar.

Frankfurt, Luxemburg – Die Eurozone hat im November eine leichte Inflation von 0,1 Prozent unverändert gegenüber Oktober verzeichnet. Nach einer Schnellschätzung von Eurostat vom Mittwoch verhinderten die weiterhin sinkenden Energiepreise einen stärkeren Preisauftrieb. So stiegen zwar die Preise für Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak um 1,5 Prozent, Dienstleistungen verteuerten sich um 1,1 Prozent, aber die Energie wurde gleich um 7,3 Prozent billiger.

Die ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel errechnete Kern-Inflationsrate fiel im November allerdings um 0,2 Punkte auf 0,9 Prozent. Bankvolkswirte hatten dagegen eine unveränderte Rate von 1,1 Prozent erwartet. Da die Gesamtinflationsrate schwankungsanfälliger ist als die Kernrate, gibt diese nach Meinung von Ökonomen grundlegende Preistrends besser wieder.

Die fallende Kerninflation zeigt, dass die Inflationsschwäche nicht allein auf den schweren Ölpreisverfall zurückgeht. „Dies stützt unsere Erwartung, dass der preistreibende Effekt der vorangegangenen Euro-Abwertung allmählich nachlässt“, kommentierte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Über teurere Importe hatte der schwache Euro die Inflationsrate angehoben. Seit Mai aber sei die Inflationsrate der Importpreise schon wieder rückläufig, erklärte Weil. „Dies wird den Anstieg der Verbraucherpreise für nicht-energetische Industriegüter wieder bremsen.“

Eine weitere Lockerung der Geldpolitik im Euroraum wird damit wohl immer wahrscheinlicher. Denn mit der gefallenen Kerninflationsrate dürften die Sorgen innerhalb der Europäischen Zentralbank (EZB) vor einer anhaltend zu niedrigen Preissteigerung bekräftigt werden. Große Ungewissheit herrscht aber über die konkreten Schritte.

Als denkbar gilt eine Ausweitung der im März gestarteten Anleihekäufe. So könnte das monatliche Kaufvolumen von aktuell 60 Mrd. Euro erhöht werden oder das gesamte Kaufprogramm länger laufen gelassen werden. Bisher soll es im September 2016 enden. Auch eine Ausweitung der Käufe auf zusätzliche Wertpapierarten wie Kommunalanleihen gilt als möglich.

Außerdem könnte die Notenbank eine abermalige Zinssenkung beschließen. Im Fokus steht der Einlagensatz, der bereits negativ ist und damit wie eine Gebühr auf Bankguthaben bei der EZB wirkt. Diesen Satz könnte die Notenbank weiter ins Negative senken, um die Banken anzuregen, das reichliche Zentralbankgeld nicht zu bunkern, sondern als Kredite in die Wirtschaft weiterzuleiten. Einige Bankvolkswirte halten auch eine Senkung des Hauptleitzinses, der zurzeit bei 0,05 Prozent liegt, für denkbar, möglicherweise auf null Prozent.

Wie die weitere Vorgangsweise der EZB aussieht, wird man am Donnerstag erfahren, wenn die Notenbank ihren weiteren Kurs bekannt geben wird. (TT.com, APA)