Justizausschuss: „Zweite Chance“ für Jugendliche plenarreif

Wien (APA) - Rechtzeitig für das Inkrafttreten mit 1. Jänner 2016 schickt der Justizausschuss zwei Vorlagen von Justizminister Wolfgang Bran...

Wien (APA) - Rechtzeitig für das Inkrafttreten mit 1. Jänner 2016 schickt der Justizausschuss zwei Vorlagen von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ins Nationalratsplenum. Die Reform des Jugendgerichtsgesetzes - die U-Haften Jugendlicher verringern soll - wurde am Mittwoch von SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen beschlossen, die Gerichtsgebührennovelle einstimmig.

Mit der JGG-Reform will Brandstetter straffällig gewordenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine „zweite Chance“ geben. Mit einem breiteren Angebot an Alternativen soll Untersuchungshaft möglichst vermieden und nur mehr im Ausnahmefall bei besonders schweren Straftaten verhängt werden. Bei Straftaten, für die Bezirksgerichte zuständig sind (z.B. Diebstahl, unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen, Sachbeschädigung, Körperverletzung) wird U-Haft ausgeschlossen. Richter und Staatsanwälte müssen künftig explizit begründen, warum U-Haft verhängt wird.Bereits erprobte Maßnahmen wie betreute Wohngemeinschaften, Jugendgerichtshilfe und Sozialnetzkonferenzen werden gesetzlich verankert. Die gesetzlich vorgesehenen, aber nicht immer durchgeführten speziellen „Jugenderhebungen“ sind künftig - bei sonstiger Nichtigkeit - verpflichtend. Strafhaft soll für Ausbildungszwecke drei (statt bisher ein) Jahre aufgeschoben werden können. Außerdem werden die besonderen Regeln für jugendliche Straftäter (etwa niedrigere Strafuntergrenzen) auf junge Erwachsene bis 21 Jahre ausgedehnt.

Geändert wird auch das Tilgungsrecht: Alle Verurteilungen, die wegen nicht mehr strafbarer sexueller Handlungen mit gleichgeschlechtlichen Personen erfolgt sind, können nun gelöscht werden. Dies soll auf Antrag entweder der Betroffenen selbst, deren Angehörigen oder der Staatsanwaltschaft erfolgen. Insgesamt sind laut Justizministerium etwa 200 Personen davon betroffen. Im Ausschuss haben diesem Punkt SPÖ, ÖVP und NEOS zugestimmt.

Gegen die Senkung von Gerichtsgebühren gab es keinen Einwand, alle Parteien stimmten zu. Geringer werden die Kosten für Unterhalts-, Pflegschafts-, Exekutions- und Insolvenzverfahren, ein Teil der Firmenbuchabfragen wird ganz kostenlos. Konkret werden ab 1. Jänner Rechtsmittel in außerstreitigen Verfahren billiger: Für Unterhalts- und Pflegschaftsverfahren gilt eine streitwertunabhängige Fixgebühr, ein Rekurs gegen eine Unterhaltsentscheidung wird nie mehr als 27,40 Euro kosten (Minderjährige sind weiter generell von der Gebühr befreit). In bestimmten Insolvenzverfahren wird man in zweiter Instanz nie mehr als 846 Euro bezahlen müssen. In Exekutionsverfahren wird sich die Gebühr nicht mehr am gesamten Anspruch bemessen, sondern an dem niedrigeren Betrag, der mit dem Rechtsmittel angestrebt wird. Arbeitsrechtliche Streitigkeiten werden bis zu einem Wert von 2.500 Euro - statt bisher 1.450 - gebührenfrei. Kostenfrei wird die Abfrage von Basisdaten - also Firmen, Veränderungen oder Urkunden - im Firmenbuch, Gebietskörperschaften werden generell gebührenfrei Einsicht nehmen können.