Sylvie Guillem in St. Pölten: Adieu mit „Life in Progress“

St. Pölten (APA) - Premiere und Abschied sind einander am Mittwochabend im Festspielhaus St. Pölten sehr nahe gekommen: Tanzkoryphäe Sylvie ...

St. Pölten (APA) - Premiere und Abschied sind einander am Mittwochabend im Festspielhaus St. Pölten sehr nahe gekommen: Tanzkoryphäe Sylvie Guillem trat zum letzten Mal in Europa auf, ihre Produktion „Life in Progress“, die in der niederösterreichischen Landeshauptstadt zugleich Premiere im deutschsprachigen Raum hatte, wird nur noch in Japan zu sehen sein.

Ein Leben in ständiger Weiterentwicklung ist die Maxime der von vielen als Primaballerina des modernes Tanzes geschätzten Französin: „Ich möchte zu einem Zeitpunkt aufhören, wo ich das, was ich mache, immer noch voller Stolz und Leidenschaft mache.“ Zum Adieu von der Bühne nach fast 35 Jahren hat sie vier Arbeiten unterschiedlicher Choreografen zusammengestellt. Die 50-Jährige verblüfft mit juveniler Elastizität, Energie, Bewegungsvielfalt und beträchtlichem Tempo. Schon nach dem ersten Stück - Akram Khans „techne“, einem beschwörenden Solo rund um den Lebensbaum - brandete Jubel im Publikum auf.

Stumme Clownerien zu zweit (Brigel Gjoka und Riley Watts) eröffneten das nächste Stück: „Duo 2015“ von William Forsythe entwickelt sich aus der Synchronizität in der Stille zu autonomeren Bewegungen, die schließlich in ein uhrwerkartiges Miteinander münden. Es folgte ein weiteres Duett (Guillem und Emanuela Montanari), „Here & After“ von Russell Maliphant zur Musik von Andy Cowton, deren stampfende Techno-Beats nicht nur mit der anmutigen Choreografie kontrastieren, sondern auch zu einem überraschendem Jodel-Finale führen.

Von Mats Ek stammte der vierte und letzte Beitrag mit dem passenden Titel „Bye“ zu Beethovens Arietta aus der Klaviersonate op. 111, deren synkopische, vordergründig tänzerische Rhythmik gar nicht so sehr im Vordergrund zu stehen schien. Szenisch hübsch die Kombination mit einem scheinbar ins Live-Geschehen integrierten Schwarz-Weiß-Film, sehr symbolhaft die Eroberung des Raums, der zuletzt doch wieder verlassen wird, auch wenn sich Guillem zu Beginn der Trillerkette auf den Kopf stellt. Ein starker Abgang und minutenlange Ovationen.

(S E R V I C E - Festspielhaus St. Pölten, www.festspielhaus.at)