Vor 50 Jahren endete das Zweite Vatikanische Konzil

Vatikanstadt (APA) - Vor 50 Jahren, am 8. Dezember 1965, ist eines der größten Ereignisse der jüngeren katholischen Kirchengeschichte, das Z...

Vatikanstadt (APA) - Vor 50 Jahren, am 8. Dezember 1965, ist eines der größten Ereignisse der jüngeren katholischen Kirchengeschichte, das Zweite Vatikanische Konzil, zu Ende gegangen. Die drei Jahre andauernde Versammlung fand in einer Atmosphäre großer Reform- und Umbruchserwartungen statt, die sowohl den Verlauf des Konzils, als auch seine später Umsetzung prägten.

Die Kirchenversammlung war von Papst Johannes XXIII. (1958-63) im Jahr 1962 einberufen worden. Zentrales Ziel dieses 2014 heiliggesprochenen Papstes war das „Aggiornamento“, eine neue Offenheit gegenüber der Welt, sowie das Bestreben, die Inhalte des Christentums in neuer, zeitgemäßer Weise zu verkünden. Nach seinem Tod 1963 übernahm Papst Paul VI. (1963-78), seinerseits 2014 seliggesprochen, die Leitung des Konzils und führte es zu einem Abschluss.

Die Kirchenversammlung im Vatikan führte Bischöfe und theologischen Experten aus der gesamten Welt zusammen. Unter den Teilnehmern fanden sich Persönlichkeiten wie der Wiener Erzbischof Franz König, eine der prägenden Konzilsgestalten, ebenso, wie drei spätere Päpste: Albino Luciani (Johannes Paul I.) als Bischof von Vittorio Veneto, Karol Wojtyla (Johannes Paul II.) als Weihbischof und später Erzbischof von Krakau, sowie Joseph Ratzinger (Benedikt XVI.) als nicht stimmberechtigter Konzilstheologe (Peritus).

Die 16 Dokumente, die das Konzil nach oft zähem Ringen publizierte, konzentrierten sich dementsprechend zu großen Teilen auf das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und nicht-katholischer Welt. Besonders bedeutsam waren dabei die Erklärung „Nostra aetate“ über das Verhältnis zu den nicht-christlichen Religionen und „Dignitatis humanae“ über die Religionsfreiheit. Im ersteren Dokument würdigte das Konzil alles, „was in diesen Religionen wahr und heilig ist“, unterstrich das besondere Verhältnis zwischen Christentum und Judentum und erteilte dem Antijudaismus eine klare Absage.

In „Dignitatis humanae“ sah das Konzil die Grundlage der Religionsfreiheit in der persönlichen Würde des Menschen grundgelegt; niemand dürfe gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln. Damit verabschiedete sich das Konzil von kirchlichen Positionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die nach dem Motto „der Irrtum hat keine Rechte“ eine klare Unterstützung der katholischen Religion durch den Staat gefordert hatten.

Während die Erklärungen des Konzils weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus viel Zustimmung fanden, zeigte sich die Umsetzung im kirchlichen Leben weitaus schwieriger und vor allem konfliktreicher. Ein besonders starker Eingriff war die im Gefolge des Konzils verabschiedete Liturgiereform von 1969/70. Diese beinhaltete eine komplette Neufassung der Liturgie, zu dem die - vom Konzil gar nicht beabsichtigte - völlige Abschaffung des Kirchenlatein und die Einführung der Messfeier in den Volkssprachen kam.

Ebenfalls vom Konzil nicht beabsichtigt, aber bald in der ganzen Welt verbreitet war die Zelebration zum Volk hin, die oftmals mit der völligen Umgestaltung von Kirchenräumen, etwa der Entfernung von Hochaltären, Statuen und Beichtstühlen - von manchen als „Kahlschlag“ oder gar „Bilderzerstörung“ kritisiert - einherging. Diese Umwälzungen führten zu einer starken Verunsicherung vor allem in der westlichen Welt, was auch eine Welle von Austritten aus dem Ordens- und Priesterstand zur Folge hatte. Es kam weiters zu einer starken Polarisierung innerhalb der Kirche, wo sich „Liberale“ - die sich auf den „Geist des Konzils“ beriefen - und „Traditionelle“ - die auf den „Buchstaben des Konzils“ verwiesen - unversöhnlich gegenüberstanden. Ein Teil der Traditionalisten, die sich vor allem rund um den französischen Erzbischof Marcel Lefebvre und dessen „Piusbruderschaft“ formierten, lehnte indes nicht nur die neue Liturgie, sondern das Konzil insgesamt ab.

Während die beiden Konzilspäpste Johannes XXIII. und Paul VI. eine neue Attraktivität der christlichen Botschaft erhofft hatten, erschöpfte sich die Kirche im Westen in den darauffolgenden Jahrzehnten in internen Streitigkeiten. In Lateinamerika waren zudem die Nachkonzilsjahre von den Auseinandersetzungen bezüglich der Befreiungstheologie - in ihrer radikalen Form als „Marxismus in christlichem Gewand“ kritisiert - geprägt, an denen damals auch Jorge Mario Bergoglio, der jetzige Papst Franziskus, als Kritiker teilnahm. Gleichzeitig sorgte vor allem in den romanischen Ländern die Unterstützung für die Rolle der Laien durch das Konzil auch für neue Aufbrüche in einer Vielzahl von geistlichen Bewegungen (den sog. „movimenti“).

Ökumenische Konzilien (d. h. weltumfassende Konzilien; griech. Oikumene = die gesamte bewohnte Welt) sind die höchstrangige Versammlung der Kirche. Die römisch-katholische Kirche kennt 21 dieser Konzilien an. Beschlüsse von Konzilien zu Dogmen, d. h. zu den Glaubenswahrheiten, haben theologisch den Stellenwert der Unfehlbarkeit. Das Zweite Vatikanische Konzil hat allerdings keine dogmatischen Beschlüsse erlassen, sondern begriff sich selbst als „Pastoralkonzil“.