Verloren, aber gut aufgehoben bis zum Happy End
Ein junger Mann aus Wien verirrt sich nach Innsbruck und findet für einige Stunden Unterschlupf in einer liebevollen Umgebung.
Innsbruck –Es sollte ein außergewöhnlicher Tag mit einem ganz besonderen Gast in der Caritas-Tagesstätte für Menschen mit Behinderung in der Innsbrucker Sillgasse werden. Leiterin Johanna Heimerl denkt sich noch nichts, als in der Früh ihr Telefon läutet. Die Polizei ist dran und bittet sie, einen Tagesgast in ihrer Einrichtung aufzunehmen. „Sie erzählten mir, dass sie gegen Mitternacht einen verwirrten jungen Mann mit Beeinträchtigung in der Altstadt aufgegriffen hätten. Sie wüssten nicht, wer er sei und woher er komme“, erzählt Heimerl. Nach Rücksprache mit ihren Gruppenleiterinnen sagt Heimerl zu und kurze Zeit später bringen zwei Beamte den jungen Mann vorbei.
„Er setzte sich auf einen Platz im Eingangsbereich und wirkte völlig erschöpft und verloren. Er wollte nichts trinken, nichts essen. Er sprach zwar, aber wir konnten ihn nicht verstehen.“ Alle Versuche, sein Zutrauen zu gewinnen, scheiterten vorerst. „Irgendwann ist er dann aber doch aufgestanden und ins Musikzimmer gegangen, hat sich eine Trommel genommen und begonnen, darauf zu spielen“, erinnert sich die Tagesstätten-Leiterin. Dabei sei ihm dann auch ein Schmunzeln übers Gesicht gehuscht.
Kein Wunder, stellt sich doch wenig später heraus, dass der junge Bursch sehr musikalisch und sogar Mitglied einer Tanzgruppe ist. Denn um 16 Uhr stehen die beiden Beamten plötzlich wieder vor der Tür – in Begleitung von Mutter, Schwester und dem Bruder des jungen Mannes. Als sie dann alle miteinander Kaffee trinken, erfährt Heimerl, was passiert war. Auf seinem Weg zur Arbeit in Wien musste Marco, wie der junge Mann heißt, irgendetwas irritiert haben. Jedenfalls stieg er in der Bundeshauptstadt in einen Zug und landete – in Innsbruck. Als die Mutter dank der Ermittlungsarbeit der Polizei zu Mittag erfuhr, wo ihr Sohn ist, machte sie sich mit ihren beiden anderen Kindern sofort auf den Weg nach Tirol und sie konnten hier Marco wieder in die Arme schließen und mit nach Hause nehmen. „Der Tag mit Marco war sehr berührend“, sagt Heimerl – auch weil man deutlich gespürt habe, dass er sich aufgehoben gefühlt habe.
Die Tagesstätte Sillgasse begleitet Menschen mit Beeinträchtigung in familiärer Atmosphäre. Hier wird ihnen strukturierter Alltag in familiärem Umfeld geboten und sie können je nach Fertigkeit und Interesse kleine Aufgaben erfüllen, mit denen sie sich einbringen können. Die Tagesstätte ist von Montag bis Freitag von 9 bis 15.30 Uhr geöffnet. (TT, sta)