Leitzins bleibt auf Rekordtief, Einlagenzins auf minus 0,3 Prozent
Leitzins bleibt unverändert bei 0,05 Prozent. Für Geschäftsbanken wird es damit noch teurer, wenn sie überschüssige Gelder bei der EZB parken.
Frankfurt – Mit höheren Strafzinsen für geparktes Geld wollen Europas Währungshüter die Kreditvergabe der Banken ankurbeln. Statt 0,2 Prozent müssen Banken künftig 0,3 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) bunkern. Das entschied der EZB-Rat am Donnerstag in Frankfurt.
Steigenden Zinsen nicht in Sicht
Ziel ist, die Institute dazu zu bewegen, mehr Kredite zu vergeben und so das Wirtschaftswachstum anzuschieben. Denn bisher kommt das viele billige Zentralbankgeld nicht im gewünschten Maß über Bankkredite bei Unternehmen und Verbrauchern an. Die Konjunktur im Euroraum erholt sich nur schleppend, die Inflation ist nach wie vor im Keller. Der Leitzins im Euroraum verharrt unterdessen auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. Damit bleibt Zentralbankgeld für Geschäftsbanken historisch günstig. Anders als in den USA sind steigende Zinsen im Euroraum absehbar nicht in Sicht. Das ist schlecht für Sparer, denn Tages- und Festgeld oder Sparbuch werfen damit weiterhin wenig ab.
Höhere Bankgebühren möglich
Der Strafzins für Banken ist umstritten. Ökonomen befürchten, dass Banken ihn auf ihre Kunden abwälzen könnten. DZ-Bank-Analyst Christian Reicherter verweist auf Erfahrungen aus der Schweiz, wo Institute die Zusatzkosten über höhere Hypothekenzinsen weitergäben. Auch höhere Bankgebühren gelten als mögliche Reaktion. Dadurch könnten Sparer noch mehr in Mitleidenschaft gezogen werden.
Aus Sicht von Michael Hüther, Direktor am Institut der deutschen Wirtschaft (IW/Köln), können Banken die Negativzinsen hingegen kaum an ihre Kunden weitergeben. Vielmehr belaste die Strafgebühr ihre Ertragskraft und damit auch die Kreditvergabe. Hüthers Fazit: „Eine Geldpolitik der Negativzinsen ist kontraproduktiv.“
Inflation nach wie vor im Keller
Die Kritik an der Geldschwemme der EZB ist gerade in Deutschland groß. Dennoch verlängert die EZB den milliardenschweren Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren um ein halbes Jahr. Die Notenbank wolle bis mindestens Ende März 2017 monatlich 60 Mrd. Euro in den Markt pumpen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt.
Notfalls könne das Programm auch danach noch weiterlaufen, sollte die derzeit extrem niedrige Inflation sich bis dahin nicht in Richtung des EZB-Ziels von knapp unter 2,0 Prozent bewegt haben, sagte Draghi. Das im März gestartete Programm sollte eigentlich bis September 2016 laufen.
Denn noch ist die Teuerung im Euroraum weit vom EZB-Ziel von knapp unter 2,0 Prozent entfernt. Im November verharrte die Inflation vor allem wegen gesunkener Energiepreise bei 0,1 Prozent. Dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Denn Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben, in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.
EZB sieht Konjunkturaufschwung etwas rosiger
Bei ihrer Entscheidung am Donnerstag stützen sich die Währungshüter auch auf die neuesten EZB-Prognosen zur Entwicklung von Inflation und Konjunktur im Euroraum. Notenbank-Experten die Konjunkturaussichten etwas rosiger. Für heuer erwarten sie mit 1,5 Prozent etwas mehr Wachstum als bisher (1,4 Prozent). Die Prognose für 2016 wurde bei 1,7 Prozent belassen. Für 2017 sagen die Notenbanker ein leicht nach oben korrigiertes BIP-Wachstum von 1,9 (bisher: 1,8) Prozent voraus. (APA, dpa, TT.com)
Umstrittene Geldschwemme
Seit diesem März kauft die EZB jeden Monat Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Volumen von 60 Mrd. Euro. Mit dieser Maßnahme - im Fachjargon "quantitative Lockerung" (englisch: "Quantitative Easing"/"QE") genannt - wollen die Währungshüter Konjunktur und Preisauftrieb anschieben.
Denn das frische Geld kommt im Idealfall über Banken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Bis zum 27. November hat die EZB in diesem Rahmen allein Staatsanleihen im Gesamtvolumen von 445,5 Mrd. Euro erworben.
Die Wirkung von Anleihenkäufen ist unter Volkswirten und Notenbankern umstritten, weil bereits extrem viel billiges Zentralbankgeld im Umlauf ist und die Zinsen weiterhin historisch niedrig bleiben