San Bernadino

Bluttat in Kalifornien: Waffendebatte in den USA neu entbrannt

Die Polizei machte Jagd auf die Schützen.
© REUTERS

Bereits 355 Schießereien gab es alleine im heurigen Jahr in den USA. Viele sehen die laxen Waffengesetze als Hauptgrund. Trotz Bemühungen konnte US-Präsident Barack Obama gegen die Stimmen vor allem von Republikanern noch nichts dagegen unternehmen. Wie nach jeder Schießerei wird aber erneut darüber diskutiert.

San Bernardino – Nach der Bluttat in einer Sozialeinrichtung in Kalifornien und einer Verfolgungsjagd mit insgesamt 16 Toten hat sich die jahrzehntealte Debatte um ein strengeres US-Waffenrecht verschärft. Präsident Barack Obama, ranghohe Demokraten und Bewerber im Rennen um das Weiße Haus forderten umgehend strengere Gesetze und Kontrollen.

Laut Washington Post ist die Attacke in San Bernardino die 355. Schießerei in den USA im heurigen Jahr, bei der vier oder mehr Menschen, darunter auch der jeweilige Schütze, mit Waffen getötet oder verletzt wurden.

Bluttat in Einrichtung für Menschen mit erhöhtem Förderbedarf

Maskiert, in Schutzkleidung und schwer bewaffnet hatten der 28-jährige Syed Farook und seine 27 Jahre alte Frau Tashfeen Malik im Inland Regional Center, das die Betreuung von Menschen mit Entwicklungsverzögerungen koordiniert, das Feuer eröffnet. Auslöser war offenbar ein Streit Farooks mit seinen Kollegen der örtlichen Gesundheitsbehörde, die in der Einrichtung einen Raum für eine Feier gemietet hatten. Das Paar tötete mindestens 14 Menschen und verletzte – wie die Polizei am Donnerstag bekannt gab – 21 weitere. Zunächst war von 17 Verletzten die Rede gewesen. Der Mann und die Frau starben später im Schusswechsel nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei.

Der leitende FBI-Agent David Bowdich sagte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag, es sei noch „viel zu früh“, über die Motive der Schützen zu spekulieren. Die Behörden schlossen einen terroristischen Hintergrund ebenso wenig aus wie einen Streit am Arbeitsplatz.

Es gebe Hinweise, dass der Bluttat „eine gewisse Planung“ vorausgegangen sei, sagte der Polizeichef der östlich von Los Angeles gelegenen Stadt, Jarrod Burguan. Farook und Malik, die Angehörigen zufolge seit zwei Jahren verheiratet waren und eine sechs Monate alte Tochter hatten, seien „vorbereitet“ für eine „Mission“ gewesen, zitierten US-Medien den Polizeichef. Farook habe die Feier wütend verlassen und sei dann mit der Frau zurückgekehrt - ausgerüstet mit Sturmgewehren und Schutzkleidung.

Demokratin: Kongress „hat Angst vor der Waffenlobby“

Jedes Mal, wenn sie Nachrichten einer solchen Gewalttat sehe, fühle sie es in ihrer Magengrube, teilte Dianne Feinstein, demokratische Senatorin für Kalifornien, mit. Der Kongress habe eine „lähmende Angst, die Waffenlobby zu verärgern“. Nicht einmal zu Sicherheitsüberprüfungen bei Waffenkäufen könnten sich die Politiker durchringen, obwohl die Mehrheit der Amerikaner solch einen Schritt unterstützen würde.

Nirgendwo in der Welt komme es so häufig zu Gewalttaten mit Schusswaffen wie in den USA, sagte Obama gegenüber CBS. Nahezu alle Präsidentschaftsbewerber bezogen Stellung. Die meisten Republikaner wehren sich gegen strengere Waffengesetze.

Der blutigen Attacke folgte eine dramatische Verfolgungsjagd. Während Malik am Steuer eines schwarzen Geländewagens saß, soll Farook nach Darstellung von US-Medien aus dem Auto heraus auf die etwa 20 Polizisten geschossen haben. Im Kugelhagel der Verfolger starben beide.

Zunächst war von möglicherweise drei Tätern die Rede gewesen. Polizeichef Burguan sagte, es sei eine dritte Person festgenommen worden, deren Rolle aber unklar sei. Es sei davon auszugehen, dass nur das Paar geschossen habe.

Rohrbomben und Tausende Schuss Munition

Nach der Schießerei haben die Ermittler zwölf Rohrbomben im Haus der mutmaßlichen Schützen gefunden. Außerdem seien Werkzeuge zum Bombenbau sichergestellt worden, sagte der Polizeichef von San Bernadino, Jarrod Burguan, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Sie hatten zusätzliches Material, um weitere Bomben zu bauen.“

Das Ehepaar hatte offenbar ein ganzes Waffenlager zur Verfügung. Laut Burguan führten Farook und Malik mehr als 1.600 Schuss Munition mit sich, als sie sich die Schießerei mit der Polizei lieferten. Im Haus des Paares fanden die Ermittler dann rund 5.000 weitere Schuss Munition. Die vier eingesetzten Schusswaffen habe Farook legal erworben. „Sie waren ausgerüstet“, sagte Burguan. „Sie hätten eine weitere Attacke verüben können. Wir haben sie abgefangen, bevor das passieren konnte.“

Amok-Paar lernte sich im Internet kennen

Farook und Malik lernten einander offenbar im Internet kennen. Sie trafen sich laut US-Medien in Saudi-Arabien und kehrten dann zusammen in die USA zurück. Gemeinsam hatten sie eine sechs Monate alte Tochter. Farook arbeitete seit fünf Jahren für das Gesundheitsamt und war auf gesundheitsschädigende Umwelteinflüsse spezialisiert.

Der US-Bürger wurde in Chicago im Staat Illinois geboren als Sohn aus Pakistan stammender Eltern, Malik wurde in Pakistan geboren, lebte später aber in Saudi-Arabien. Einem Online-Dating-Profil zufolge interessierte Farook sich für das Reparieren von Autos, religiöse Bücher, ging gern in Restaurants und mochte „Schießübungen im Garten“ mit seiner Schwester und Freunden. Er stamme aus einer „religiösen, aber modernen Familie“. 2009 schloss er ein Studium an der California State University, San Bernadino, ab.

Der Nachrichtensender CNN berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass Farook telefonisch und über soziale Onlinenetzwerke mit Terrorverdächtigen in Kontakt gestanden habe. Offenbar sei er „radikalisiert“ gewesen, andere Motive wie Ärger im Job könnten aber auch zu der Tat beigetragen haben. (APA/dpa/AFP, tt.com)