Kitzbühel

Heftige Kritik an fertigen Plänen für Flüchtlingsunterkunft

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Zwei Holzmodule gegenüber der Landwirtschaftsschule Weitau in St. Johann sollen Unterkunft für 104 Flüchtlinge bieten. Für Aufregung sorgt die Vorgangsweise des Landes und der Tiroler Sozialen Dienste.

Von Verena Hofer

St. Johann i. T. –Überraschend, das war nicht nur die kurzfristig einberufene Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend in St. Johann, sondern auch das Thema sorgte für hitzige Debatten. Zwei Holzmodule sind für die Unterbringung von 104 Flüchtlingen in St. Johann geplant. Dies teilte Bürgermeister Stefan Seiwald nach einem Gespräch mit den Verantwortlichen im Land mit. Die Unterkünfte sind gegenüber der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Weitau geplant – die TT berichtete. Die Aufregung über die Vorgangsweise ist groß.

Die erste offizielle Information gab es am 1. Dezember. Auf Landesgrund sollen zwei Holzbauten entstehen, die danach als Schülerheim genutzt werden können. Die Baukörper haben dabei eine Länge von 12 Metern und sind sieben Meter breit. Kleine Wohneinheiten mit mehreren Stockbetten sind geplant, Platz gibt es für Gemeinschaftsräume. Errichtet wird der Bau als „vorübergehender Bestand“– weitere Infos im Kasten rechts. Im Gespräch mit ihm habe LH Günther Platter klargestellt, dass es kein Projekt unter dem Titel Durchgriffsrecht ist, sondern im Einvernehmen mit der Gemeinde entstehen soll.

Von einer Zwangslage spricht Vizebürgermeister Georg Zimmermann (ÖVP): „Wir haben sehr viel Landes- und Bundesgrund. Wenn wir dagegen sind, dann kommt sicher ein Projekt und wir haben weniger Mitsprache.“ Einen offenen Umgang mit den Flüchtlingen hat man bereits im September-Gemeinderat betont und erklärt, dass man die Quote mit 1,5 Prozent der Einwohnerzahl erfüllen will. Bei 9000 Einwohnern sind das rund 135 Flüchtlinge, derzeit sind etwa 20 im Ort untergebracht.

Auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge ist man im Ort schon lange. Zwei Häuser und einige Wohnungen für rund 70 Personen sind seit einem halben Jahr gemeldet. Reaktion von Seiten der zuständigen LR Christine Baur bzw. der Tiroler Sozialen Dienste gab es keine. Enttäuscht darüber zeigt sich Christl Bernhofer (Soli): „Wir hätten ein Haus gehabt, das kostenlos zur Verfügung gestellt worden wäre. Aber wir hatten keine Chance auf Antworten.“ Auch beim Parteikollegen Peter Wallner macht sich die Verzweiflung breit: „Die Behörde hat uns die Information verweigert. Wir sind im Kreis gelaufen.“ Dem stimmt auch Grünen-Vizebürgermeisterin Helga Embacher zu: „Ich bin sprachlos, wie sich das Ganze abspielt.“ Die Vorwürfe kennt Pressesprecher Georg Mackner von den Sozialen Diensten und nimmt Stellung: „Bei einem Haus konnte keine wirtschaftliche Einigung erzielt werden. Wir favorisieren die Holzbauweise und wollen dort eine Einigung erzielen“, erklärt Mackner und ergänzt, dass eine Arbeitsgruppe mit Vertretern von Gemeinde, Land, Schule und den Sozialen Diensten geplant ist. Ein klares Nein zu den jetzigen Plänen gibt von Seiten der FPÖ. „Wir können in dieser Form dem Projekt nicht zustimmen“, stellt LA Heribert Mariacher klar.

Kritisch wird der Standort des Projekts gesehen. In der Umgebung der Weitau gibt es vor allem Einfamilienhäuser, außerdem hat der Ortsteil eine historische Bedeutung. „Für mich ist das der schlechteste Standort, der mir eingefallen ist“, sagt Seiwald und hat seine Bedenken bereits im Gespräch und einer E-Mail an die Verantwortlichen kundgetan – und er appelliert an eine gemeinsame Vorgehensweise: „Der Standort darf nicht in Stein gemeißelt sein.“ Außerdem ist das Grundstück im Raumordnungskonzept als landwirtschaftliche Freihaltefläche vorgesehen. „Wir müssten unsere Raumordnungsrichtlinien über Bord werfen.“ Eine Idee des Bürgermeisters ist, ein Gebäude unterhalb des Mädcheninternats zu realisieren und den zweiten Baukörper mehr in Richtung Westen zu rücken, da der Abstand zu den Häusern größer wird.

Den Worten im Gemeinderat sollen nun Taten folgen. „Jeder Mandatar, der an einer besseren Lösung interessiert ist, möge sich melden“, ruft Seiwald auf und fügt hinzu, dass die erste Sitzung dieser Gruppe in der kommenden Woche stattfinden soll. Das Ziel ist, einen neuen Vorschlag bis Mitte Jänner zu erarbeiten, einen Zwischenbericht soll es bei der Gemeinderatssitzung am 15. Dezember geben.

Geplanter Zeitplan

29. Dezember 2015: Das Land schreibt die sieben Holzmodule aus, zwei sollen in St. Johann errichtet werden.

Ab März 2016: Baubeginn.

Juni, Juli 2016: Fertigstellung der Holzmodule und Einzug der Flüchtlinge. Die zwei Holzmodule sind für maximal sieben Jahre (5 + 2) als Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen, danach ist die Nutzung als Internat geplant.