Flüchtlinge - Kritik an Verzögerungen bei Hotspots in Griechenland

Lech (APA) - Kritik an der Verzögerungstaktik Griechenlands in Sachen Flüchtlings-Hotspots übt der SPÖ-EU-Abgeordnete Eugen Freund. „Wir red...

Lech (APA) - Kritik an der Verzögerungstaktik Griechenlands in Sachen Flüchtlings-Hotspots übt der SPÖ-EU-Abgeordnete Eugen Freund. „Wir reden seit Monaten von den Hotspots und es ist bisher nichts geschehen“, sagte Freund Donnerstagabend beim 9. Mediengipfel in Lech am Arlberg. „Die Hotspots scheitern am Widerstand Griechenlands“, so Freund.

Das Land sei offenbar nicht bereit, Beamte aus anderen Ländern zwecks Unterstützung bei Infrastruktur und Organisation der Hotspots ins Land zu lassen, berichtete der EU-Abgeordnete. Dass die Errichtung von Hotspots an den EU-Außengrenzen zur Registrierung von Flüchtlingen nur langsam vorangeht, hatte zuletzt auch die EU-Kommission festgestellt. Bis Ende November wurden erst zwei solcher Erstaufnahmezentren geschaffen, eines auf Lampedusa, eines auf Lesbos, ursprünglich sollten es elf sein - sechs in Italien, fünf in Griechenland.

Giorgos Chondros, der dem Parteivorstand der griechischen Regierungspartei Syriza angehört, wies die Kritik zurück. Es sei für Griechenland undenkbar, im Rahmen der Hotspots die europäische Außengrenze gemeinsam mit dem türkischem Militär zu sichern, führte Chondros als Grund für das schleppende Vorgehen an. Die beiden Nachbarländer Griechenland und Türkei sind einander seit Jahrzehnten nicht grün. Der Syriza-Politiker spielte den Ball zurück an Brüssel. Die EU sehe zu, wie Kinder ertrinken. Die europäischen Staaten hätten in der Griechenland-Schuldenkrise und der Flüchtlingsproblematik „gezeigt, dass sie unfähig sind, große Herausforderungen zu lösen, und das ist ein großes Problem“, meinte Chondros.

„Mir wird angst und bange, wenn das jetzt plötzlich zwischen griechischen und türkischen Soldaten geregelt werden soll“, meinte Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament. Zugleich zeigte sich Harms zuversichtlich, dass die EU die Probleme lösen werde. „Ich bin mir sicher, die Europäische Union wird nicht den Bach runtergehen“, so Harms.

Für den ÖVP-EU-Abgeordneten Othmar Karas zeigten die aktuellen Krisen die „Grenzen des Gemeinschaftsrechts“ auf. „Wir erkennen, dass die EU noch nicht fertig ist.“ Karas sprach sich für eine Vertiefung der Europäischen Union mit gemeinsamer Außenpolitik, gemeinsamer Verteidigungspolitik und gemeinsamer Grenzpolitik aus. „Ich will, dass das Europa des Nationalismus den Bach hinunter geht. Ich will, dass das Europa des Stacheldrahts den Bach hintergeht. Ich will, dass das Europa des Intergouvernementalismus den Bach hinunter geht. Ich will, dass das Europa, das nicht Wort hält, den Bach runter geht“, so Karas beim Mediengipfel in Lech. Daneben warnte der ÖVP-Politiker davor, der EU den Schwarzen Peter für die Flüchtlingskrise zuzuschieben. „Natürlich ist jeder Tote im Mittelmeer einer zu viel, nur ohne EU wären heuer 140.000 Menschen nicht aus dem Mittelmeer gerettet worden.“

Kilian Kleinschmidt, humanitärer Berater des österreichischen Innenministeriums und in den vergangenen Jahrzehnten Leiter großer Flüchtlingscamps in aller Welt forderte einen Schulterschluss ein: „Wir brauchen einen Gipfel der Migration, so wie es einen Klimagipfel gibt, bei dem neue Wege angedacht werden.“ Hilfsorganisationen hätten seit langem auf die nun existenten Flucht- und Migrationsbewegungen hingewiesen. Es brauche mehr Spenden und mehr Hilfe, so Kleinschmidt.

Der Philosoph und frühere deutsche SPD-Staatssekretär Julian Nida-Rümelin warnte zuvor in einer Keynote vor Hysterie. Themen wie die Griechenland-Finanzhilfen oder die Flüchtlingsbewegungen würden von Rechten und Feinden der EU instrumentalisiert. „Das war zu erwarten, aber was mir wirklich Sorgen macht, ist die Reaktion der Europa-Freunde.“ Sie agierten ideen- und visionslos und setzten ebenfalls eine bedenkliche Tonalität. „Europa scheitert weder, wenn die Währungsunion scheitert, noch scheitert Europa, wenn Schengen ausgesetzt wird. Lasst doch mal dies Hysterisierung der Debatte. So machen wir alles kaputt.“

Das Generalthema des Europäischen Mediengipfels in Lech lautet heuer „Verliert Europa an Wert und Werten?“. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien diskutieren bei der vom Verband der Auslandspresse, der Kommunikationsagentur pro.media sowie der Lech Zürs Tourismus Gesellschaft organisierten Veranstaltung noch bis Samstag über aktuelle Themen und Entwicklungen in Europa.