Der Weg zur Matura ist für Migrationskinder oft verbaut
Migrationskinder und Jugend- liche aus prekären Verhält- nissen bleiben im Bildungs- system häufig auf der Strecke.
Von Brigitte Warenski
Innsbruck, Reutte –Dass jugendliche Migranten die größten Verlierer im österreichischen Bildungssystem sind, ist das Resultat zahlreicher Studien. Wie sehr diese Ergebnisse der Realität entsprechen, kann Elfi Oblasser, Leiterin des Innsbrucker Zentrums für Jugendarbeit Z6, bestätigen. „Der Weg zur Matura ist bei uns sogar Jugendlichen verbaut, die aus der gebildeten Mittelschicht mit Migrationshintergund kommen, wenn sie nicht von ihren Eltern massiv unterstützt und gefördert werden.“ Diese Unterstützung wird so gut wie möglich gegeben, „weil die Eltern wollen, dass ihre Kinder einmal bessere Chancen haben. Die Eltern selbst müssen sich bei uns in Tirol das Leben oft mit Putzjobs verdienen, auch wenn sie Matura oder sogar ein Studium haben“, so Oblasser. Wie schwer es diese Jugendlichen aber im Schulalltag haben, weiß Oblasser aus den täglichen Begegnungen. „Immer wieder berichten mir Jugendliche von rassistisch ausschließenden Erfahrungen im Schulsystem.“
Weil im Z6 auch viele Jugendliche ein- und ausgehen, die aus prekären oder bildungsfernen Verhältnissen kommen, kennt Oblasser die oft holprigen Bildungswege dieser gebürtigen Tiroler. „Viele haben so mit 15 Jahren einen Einbruch und werfen die Ausbildung hin. Mit 18 Jahren kommen sie aber meist drauf, dass es nicht lustig ist, wenn man keinen Schulabschluss und damit auch kein Geld hat.“ Auch wenn sich laut Oblasser „manche danach wieder fangen können, kann man unser Bildungssystem nicht schönreden. Es bleiben nach wie vor viele auf der Strecke.“ Die Z6-Leiterin sieht aber auch bei vielen Jugendlichen, dass die Lehre noch der Aufstiegstraum ist. Im Bewusstein dieser jungen Menschen sind aber nach wie vor nur die klassischen Lehrberufe wie Mechaniker und Friseurin. Bei Kindern aus Akademikerfamilien sieht es freilich ganz anders aus. „Da tun sich die Kinder mit dem Wunsch einer Lehre ganz schwer, weil es die Eltern nicht wollen.“
Karl Poberschnigg, Leiter des Reuttener Jugendzentrums smile, beobachtet andere Trends. „Weil die Perspektiven fehlen und ein Studium nicht mehr als Garant für einen Job gesehen wird, drücken immer mehr Akademiker am Arbeitsmarkt nach unten. Gerade erst hat ein Mädchen, das zu uns ins smile kommt, das Studium nach einem Jahr aufgegeben und macht jetzt eine Lehre.“
Angst mache den Jugendlichen vor allem, wie sie ihr Leben als Erwachsene meistern sollen. „Viele kommen sehr schnell unter Zugzwang, weil man bei uns relativ schlecht verdient und die Lebenskosten hoch sind.“ Kommt kein Rückhalt aus dem Familienverband, „sind viele schon als Jugendliche überschuldet“.