Warum Reinhold Mitterlehner seine Israel-Reise absagte
Ein geplanter Israel-Besuch des Vizekanzlers und Wissenschaftsministers wurde kurzfristig abgesagt. Nach israelischer Darstellung waren jedoch nicht die vom Ministerium genannten „Terminprobleme“ der Grund.
Wien – Am Samstag sollte Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) eigentlich eine viertägige Dienstreise nach Israel antreten, um mit seinem israelischen Amtskollegen Ofir Akunis wissenschaftliche Kooperationsabkommen zu unterzeichnen. Am Donnerstagabend wurde der Besuch aber kurzfristig abgesagt. „Terminprobleme“, so lautete die offizielle Begründung aus dem Ministerium.
Nach israelischer Darstellung steckt jedoch weit mehr hinter der Absage als ein voller Terminkalender: Einem empörten Akunis zufolge habe es Mitterlehner abgelehnt, ihn in seinem Ministerium auf von Israel besetztem Gebiet in Ostjerusalem zu treffen. „Österreich wird Jerusalem nicht teilen“, sagte Akunis, der der rechten Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanyahu angehört, am Freitag nach Angaben israelischer Medien. „Entweder das Treffen findet in Ostjerusalem statt oder es findet nirgendwo statt“, wurde der Minister von der Webseite „The Jewish Press“ zitiert.
Den Oberösterreichischen Nachrichten (Freitag-Ausgabe) zufolge sollten die geplanten Vertragsunterzeichnungen auf Wunsch der Gastgeber im „Van Leer Jerusalem Institute“ stattfinden. Diese Einrichtung befindet sich in jenem Teil von Jerusalem, der nach österreichischer Lesart von Israel besetztes palästinensisches Gebiet ist. In dem Artikel heißt es ebenfalls, ebenfalls, das Beharren der Israelis auf einem Treffen in Ostjerusalem habe zur Absage Mitterlehners geführt.
Israel hatte den seit 1948 von Jordanien okkupierten Osten Jerusalems während des Sechs-Tage-Kriegs im Jahr 1967 erobert und 1980 schließlich annektiert. Die Annexion ist völkerrechtlich nicht anerkannt. Aus israelischer Sicht ist Ostjerusalem heute Teil des vereinigten Jerusalem, einschließlich der Teile des Westjordanlandes, die von Israel zum Jerusalemer Stadtgebiet erklärt wurden. Für die Palästinenser ist Ostjerusalem, für einige Palästinenserorganisationen auch ganz Jerusalem, die Hauptstadt eines zukünftigen Palästinenserstaates.
Diplomatische Verstimmungen zwischen EU und Israel
Bereits am Mittwoch hatte der belgische Außenminister Didier Reynders einen Israel-Besuch abgesagt. Der Belgier gab als Grund an, dass sich Israels Premier Netanyahu weigere, ihn zu empfangen.
Generell ist das diplomatische Klima zwischen Israel und der EU derzeit angespannt. Österreich und Belgien gehören zu jenen 16 EU-Ländern, die die Kennzeichnung von Produkten aus den jüdischen Siedlungen in besetzten Gebieten forciert haben. Die EU-Kommission hatte Mitte November eine entsprechende Verpflichtung für Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland, auf den Golanhöhen sowie aus Ost-Jerusalem beschlossen.
Als Reaktion auf die Entscheidung der EU-Kommission beschloss Israel unter anderem, Treffen mit Ministern und Delegationen aus diesen Ländern einzuschränken. Zudem will Israel die Europäische Union vorerst nicht mehr als Vermittlerin im Nahost-Friedensprozess akzeptieren. (tt.com, APA)