Joesi Prokopetz über die Herstellung von Lustigkeit
Im TT-Interview spricht Joesi Prokopetz über verordnete Besinnlichkeit, die Auswüchse des Austropop und die Vorteile eines Professoren-Titels.
Sie sind gerade mit dem Weihnachtsprogramm „Alle Jahre immer wieder“ unterwegs. Geht Ihnen die besinnlichste Zeit des Jahres eigentlich zu Herzen oder auf die Nerven?
Joesi Prokopetz: Die geht mir nur auf die Nerven: Derlei Massenhysterien, die in ein umfassendes Auszucken münden, kann ich nicht ausstehen. Mir ist schon klar, dass solche Festivitäten den Konjunktur-Motor am Laufen halten, aber Besinnlichkeiten spür’ ich deshalb trotzdem keine. Das äußert sich auch in meinem Programm, das sehr zynisch und satirisch daherkommt. Aber nicht falsch verstehen: Wenn jemand Weihnachten liebt, soll er es lieben. Aber mich damit bitteschön in Ruhe lassen.
Verfolgt Sie die Weihnachtsaversion schon länger?
Prokopetz: Gegen verordnete Besinnlichkeit bin ich schon mein ganzes Leben lang. Genauso wie gegen verordnete Lustigkeit, wie sie bekanntermaßen im Fasching herrscht. Letztere Aversion liegt aber auch daran, dass die Herstellung von Lustigkeit ja Teil meines Berufs ist.
Früher zählte auch die Herstellung von Liedgut zu Ihrem Beruf. 1971 haben Sie für Wolfgang Ambros den Text zu „Da Hofa“ geschrieben und damit den Austropop aus der Taufe gehoben, der damals noch „Dialektwelle“ hieß. Der Erfolg von Bands wie Wanda zeigt, dass diese Welle nun wieder Überwasser hat. Wie kommt’s?
Prokopetz: Mir fällt dieser angebliche Wahnsinnserfolg von Wanda gar nicht so auf, vielleicht auch deshalb, weil ich mich dafür nicht mehr wirklich so interessiere. Die letzte Band, die mir aufgefallen ist, war Seiler und Speer – aber so eine Durchdringlichkeit des Marktes, wie es der ursprüngliche Austropop hatte, seh’ ich auch hier nicht.
Bleiben Sie dabei, dass Sie „alle Lieder, die zu schreiben waren, schon geschrieben haben“? Ist ein Comeback des Liedermachers Prokopetz ausgeschlossen?
Prokopetz: Ja. Dabei bleib’ ich. Es will ja auch keiner mehr Texte von mir. Der Ambros macht nichts und alle anderen schreiben sich die Lieder selbst. Aber nicht falsch verstehen: Ich bin keineswegs verbittert, es ist halt so. Wie der Charleston, der Twist und andere Modeströmungen in der Musik vorübergegangen sind, ist auch der Austropop vorübergegangen – heute wird seiner nur noch gedacht – am liebsten in nächtlichen Regionalsendungen im Radio. Da fallen dann zumindest ein paar Cent an Tantiemen für mich ab, was mich freut. Ansonsten ist mir der Austropop aber relativ wurscht – ich schreib’ meine Bücher, mach’ meine Lesungen und spiel’ meine Programme, womit ich ganz gut ausgelastet bin.
Lohnen sich die Tantiemen? Schließlich haben Sie ja nicht nur beim Austropop mitgemischt, sondern mit DÖF auch die Neue Deutsche Welle mitgeprägt.
Prokopetz: Ich habe das Glück, dass viele meiner Lieder zu Evergreens geworden sind. „Der Hofer“, „Taxi“, „Sind Sie Single?“ oder „Na guat daun net“ werden seit Jahrzehnten im deutschsprachigen Raum gespielt. Die DÖF-Nummer „Codo“ zählt da gar nicht einmal dazu: Der Song war bei seinem Erscheinen zwar ein Hit, ist dann aber ganz rasch auf ein normales Level gesunken.
Schade, dass Sie keine Tantiemen verlangen können, wenn jemand „in der Kälten steht“ und beim Warten aufs Taxi ihren Hit singt.
Prokopetz: (lacht). Ja, stimmt. Dieses Lied wird wohl noch gespielt und gesungen werden, wenn ich schon lange ein Freund der Würmer bin.
Das dauert hoffentlich noch länger. Wie schaut’s eigentlich mit Ihren Plänen aus, mit 65 – also in zwei Jahren – in Pension zu gehen?
Prokopetz: Offiziell gehe ich mit 65 in Pension, aber ich werde mich – nach dem Vorbild von Otto Schenk – daneben weiterhin wichtigmachen. Fürs Frühjahr 2017 hab’ ich ein Programm geplant, das sinnigerweise „Vollpension“ heißen soll.
Sie dürfen sich seit 2008 Professor nennen. Benutzen Sie den Titel im Alltag?
Prokopetz: Von Menschen, denen ich Rechnungen zu zahlen habe, wird er sehr gerne verwendet (lacht). Gewisse Vorteile bringt der Titel aber schon mit sich: Wenn ich wo anrufe, wo ich den Wirt nicht kenne und einen schönen Tisch für Professor Prokopetz reserviere, dann krieg’ ich den auch wirklich.
Das Gespräch führte Christiane Fasching