Nach Babytod - Österreich bei Krankenhausinfektionen im Mittelfeld

Wien/Linz (APA) - Krankenhausinfektionen sind weltweit ein Problem. Das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC/Stockholm) geht vo...

Wien/Linz (APA) - Krankenhausinfektionen sind weltweit ein Problem. Das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC/Stockholm) geht von jährlich in der EU auftretenden mindestens rund drei Millionen, nach anderen Zitierungen gar von 4,1 Millionen, solcher Infektionen und jährlich rund 37.000 Todesfällen aus. Österreich ist laut einer neuen Studie im europäischen Mittelfeld auf relativ guter Position.

„Unsere (Spitals-)Infektionsrate liegt in etwa beim europäischen Durchschnitt (...). Pneumokokken, Harnwegs- und Wundinfektionen stehen im Vordergrund“, sagte Elisabeth Presterl, Chefin der Universitätsklinik für Hygiene und Infektionskontrolle im Wiener AKH (MedUni Wien), bereits im Mai dieses Jahres auf der Basis einer neuen österreichischen Studie ihres Referenzzentrums.

Am Freitag wurde die Studie im Gesundheitsministerium präsentiert. In einer Aussendung der MedUni Wien gab es zusätzliche Informationen zur Häufigkeit der „health care associated infections“ (HAI), ein anderer Begriff sind sogenannte nosokomiale Infektionen. Die Universitätsklinik für Krankenhaushygiene in Wien hätte gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium die zweite Punkt-Prävalenz-Untersuchung in 51 heimischen Krankenanstalten abgeschlossen.

In Europa liegt die Häufigkeit einer nosokomialen Infektion (im Spital erworben) bei sechs Prozent. In der nun vorliegenden Prävalenzstudie für Österreich hätten von 13.814 Patienten insgesamt 727 eine HAI, das wären 5,3 Prozent. Im Vergleich zur vorangegangenen derartigen Untersuchung im Jahr 2012 sei das eine leichte Verbesserung - damals lag die Prävalenzrate bei 6,2 Prozent (allerdings bei nur neun involvierten Krankenanstalten).

„Wir sind auf einem guten Weg, aber es kommen laufend neue Herausforderungen in Sachen Krankenhaushygiene auf uns zu. Daher helfen uns diese Zahlen, strategisch zu planen und noch besser zu werden und jene Maßnahmen zu ergreifen, die die Patienten und Patientinnen schützen und zu einer erhöhten Patientensicherheit beitragen“, wurde Elisabeth Presterl in der Aussendung am Freitag zitiert. In der jüngsten Vergangenheit wurde in Österreich vor allem die Beteiligung der Krankenhäuser an Meldesystemen bezüglich der Krankenhausinfektionen kritisiert. So ist in Österreich laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) pro Jahr in den Spitälern mit rund 7.000 potenziell gefährlicher Clostridium difficile-Infektionen und 700 Todesfällen zu rechnen. Gemeldet wurde 2013 aber nur ein Bruchteil.

Epidemiologische Studien können nur Hinweise geben. Krankenhausinfektionen und Resistenzsituation sind praktisch immer ein lokales Problem, das sich aus der Art der behandelten Patienten, Hygienesituation, Antibiotikagebrauch und vielen anderen Faktoren zusammensetzt.

Schnell zitierte „Schlamperei“ in der Hygiene und resistente Keime sind nur ein Teil des Problems. „Es ist so, dass nicht alle nosokomialen Infektionen vermeidbar sind, es sind zwischen 20 und 30 Prozent. Es kommt darauf an, dass gemäß modernen Standards gearbeitet wird, dass sie ‚gelebt‘ werden“, sagte im Mai dieses Jahres Thomas Hauer, Ärztlicher Leiter des deutschen Beratungszentrums für Hygiene in Heidelberg, bei einem Round-Table-Gespräch an der MedUni Wien.

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„Ich unterstütze die Untersuchungen zur Erhebung der Krankenhausinfektionen und freue mich, dass mittlerweile wesentlich mehr Krankenanstalten teilnehmen. Wir brauchen diese epidemiologischen Daten für die Planung unserer nationalen Maßnahmen. Je besser wir die Situation kennen, umso treffsicherer können wir Qualitätsstandards definieren und umsetzen“, sagte am Freitag dazu Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ). Das Ministerium erarbeite gerade mit den Bundesländern und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ein Konzept zur österreichweit einheitlichen Erfassung der Krankenhausinfektionen.

Die Verteilung der HAI über die einzelnen Fachgebiete hinweg entspricht - so die neue Studie - der Verteilung der in Krankenhäuser aufgenommenen Patienten: Chirurgie und Innere Medizin hatten jeweils ein Drittel der Patienten und somit auch der Infektionen. Die häufigsten Erkrankungen waren Lungenentzündungen (Pneumonien), Harnwegsinfektionen, postoperative Wundinfektionen und gastrointestinale Infektionen. In rund der Hälfte der Fälle waren Multiresistenzerreger involviert, der häufigste Erreger waren Enterobakterien.

„Ganz wichtig bei Krankenhausinfektionen ist der rationale Gebrauch von Antibiotika“, sagte Elisabeth Presterl. Ziel sei eine maßgeschneiderte Antibiotika-Therapie. Rund 26 Prozent der Spitalspatienten bekommt Antibiotika, laut der Expertin ein „ansehnlicher Wert“ - und leicht verbessert gegenüber 2012 (33 Prozent). Nur fünf Prozent erhielten bestimmte hoch wirksame Reserveantibiotika (Carbapeneme), bei denen das Entstehen von Resistenzen besonders unangenehm wäre.

Gestiegen ist in den österreichischen Kliniken Einsatz von Händedesinfektionsmitteln und damit die Händehygiene an sich: „Wir kommen bei 28 Milliliter Händedesinfektionsmittel auf neun Patientenkontakte pro Tag mit korrekter Händedesinfektion“, erklärte die Expertin. „Es ist sicher noch Spielraum nach oben möglich, aber es ist besser als 2012 und definitiv besser als in der EU mit 23,9 Milliliter.“