Aktive Rolle in der UNO machte Österreich international „groß“
Wien (APA) - Es war der krönende Abschluss jenes Jahres, in dem Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg seine Souveränität wiedererlangte: Am ...
Wien (APA) - Es war der krönende Abschluss jenes Jahres, in dem Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg seine Souveränität wiedererlangte: Am 14. Dezember 1955 wurde es in die Vereinten Nationen aufgenommen. Zugleich war es der Beginn jener Entwicklung, die Österreich dank einer in der UNO aktiv vertretenen Neutralitätspolitik international „groß“ machte.
Seinen Zenit erreichte das österreichische Engagement in den Vereinten Nationen in den 1970er und 1980er Jahren. Von 1971 bis 1981 war der Österreicher Kurt Waldheim UNO-Generalsekretär, im Jahr 1979 wurde Wien der dritte UNO-Sitz. Vor allem unter SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky (1970-83) betrieb Österreich eine aktive Vermittlungs- und Friedenspolitik innerhalb der Vereinten Nationen und rückte zu den größten Truppenstellern bei den UNO-Friedensmissionen auf. Spätestens seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 hat Österreich aber andere außenpolitische Prioritäten.
Im Kalten Krieg versuchte Österreich, seinen begrenzten Handlungsspielraum als neutrales Land mit aktivem UNO-Engagement auszuweiten. Sein konsequentes Eintreten für Abrüstung, Konfliktbeilegung und Friedenssicherung („Blauhelm“-Missionen) trug ihm bald den Ruf eines „UNO-Musterschülers“ ein.
Schon bei der Unterzeichnung des Staatsvertrags im Mai 1955 hatte der damalige Außenminister Leopold Figl diese Politik vorgegeben. Österreich werde „in aktiver Mitarbeit in den weltumfassenden Vertragsorganisationen alles daransetzen, um einen Beitrag für die internationale Verständigung zu leisten“. Zugleich scheute sich Wien nicht, klare Worte in der UNO-Generalversammlung anlässlich der Ungarn-Krise 1956 zu finden oder Partei für die Anliegen der Palästinenser im Nahost-Konflikt zu ergreifen.
Das UNO-Engagement Österreichs war nicht immer selbstlos. So gelang es Anfang der 1960er Jahre, gegen den Widerstand Italiens, das Südtirol-Problem auf UNO-Ebene zu internationalisieren. Außerdem konnten damals mehrere UNO-Konferenzen nach Wien gebracht werden, etwa jene über Diplomatische bzw. Konsularische Beziehungen (1961/1963) sowie über Fragen des Weltraums, des Straßenverkehrs und über das Vertragsrecht (1968/1969).
Die Wahl Kurt Waldheims zum UNO-Generalsekretär im Dezember 1971 war eine besondere Anerkennung für Österreich. 1976 wurde Waldheim für weitere fünf Jahre wiedergewählt, Bemühungen um eine dritte Amtszeit scheiterten am Widerstand Chinas.
Maßgeblich geprägt wurde die UNO-Politik Österreichs von Bruno Kreisky, der als „Nord-Süd-Vermittler“ vor allem das Vertrauen der Entwicklungsländer gewinnen konnte. Unter Kreisky wurde Österreich erstmals nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat (1973/74).
Gegen heftigen Widerstand setzte der Sozialist auch den Bau der Wiener UNO-City durch, die im August 1979 eingeweiht wurde. Das für zehn Milliarden Schilling (würde heute 1,8 Mrd. Euro entsprechen) errichtete Gebäude an der Donau, für das die Vereinten Nationen symbolisch einen Schilling Jahresmiete zahlen, beherbergt unter anderem die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA/IAEO), die Organisation für Industrielle Entwicklung (UNIDO) und die UNO-Drogen- und Kriminalitätsbekämpfungsbehörde (ODCCP).
Die IAEA rückte 2015 wieder in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit, nachdem am 14. Juli in Wien ein als historisch bewertetes Abkommen zur Begrenzung des iranischen Atomprogramms - der „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA) - abgeschlossen wurde. Die Überprüfung der Umsetzung wurde der UNO-Atombehörde überantwortet.
Das Ansehen Österreichs innerhalb der UNO gründet sich nicht unwesentlich auf dem auszeichneten Ruf seiner „Blauhelme“, die als „Soldaten und Diplomaten zugleich“ geschätzt werden. Die längste österreichische UNO-Mission war mit 37 Jahren jene zur Überwachung der Waffenstillstandslinie auf Zypern (1964-2001). Ihr Ende wurde mit den zunehmenden Verpflichtungen Österreichs bei EU-Friedensmissionen begründet.
Für Verstimmungen zwischen Wien und dem UNO-Hauptquartier in New York sorgte kurz vor der Nationalratswahl 2013 der Abzug der österreichischen Blauhelme vom Golan. Sie hatten 39 Jahre lang den Waffenstillstand zwischen Syrien und Israel überwacht, der einst von Waldheim ausgehandelt worden war. Der Abzug erfolgte nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien und wurde mit Sicherheitsbedenken begründet, international aber als überstürzt kritisiert.
Die UNO-Libanon-Mission UNIFIL ist mittlerweile der einzige Blauhelm-Einsatz, bei dem Österreich noch ein größeres Kontingent (200 Mann) stellt. Allerdings sind jüngst wieder Ansätze für ein stärkeres österreichisches UNO-Engagement erkennbar. So wird sich das Bundesheer ab kommendem Jahr mit 15 Soldaten an der UNO-Mission MINUSMA im westafrikanischen Krisenland Mali beteiligen.
Seit den 1990er Jahren war von der einstigen aktiven Rolle Österreichs innerhalb der Vereinten Nationen nur wenig zu merken gewesen, obwohl es gleich zwei Mal (1991/92 und 2009/10) nicht-ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates war. Unter österreichischem Vorsitz nahm das höchste UNO-Gremium im November 2009 einstimmig eine Resolution zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten an. Statt als Vermittler versucht sich Österreich jüngst als Hüter der Menschenrechte zu profilieren, etwa als Mitglied im UNO-Menschenrechtsrat (2011-14).