Publizist Weidenfeld: Menschen bekennen sich zu nichts mehr
Berlin/Wien (APA) - Lord George Weidenfeld (96) hat den Deutschen mangelnde Bekenntnisfreude vorgeworfen. „Offenbar hat man in Deutschland n...
Berlin/Wien (APA) - Lord George Weidenfeld (96) hat den Deutschen mangelnde Bekenntnisfreude vorgeworfen. „Offenbar hat man in Deutschland nicht mehr den Mut, sich zu den christlichen und abendländischen Werten zu bekennen“, sagte er laut Kathpress der „Welt am Sonntag“. In seiner Jugend seien die Menschen bereit gewesen, „sich für irgendeine Ideologie zu schlagen.“
Heute dagegen „sehe ich nur noch Fußballfans, es gibt kein Bekenntnis mehr für irgendwas, schon gar nicht für unsere westliche Freiheit“.
Weidenfeld ist britischer Journalist, Verleger und Diplomat österreichisch-jüdischer Herkunft. Der gebürtige, 1938 nach London emigrierte Wiener ist auch Kolumnist der Berliner Tageszeitung „Die Welt“. Er ist britischer und seit 1994 auch wieder österreichischer Staatsbürger.
Pazifismus und Offenheit gegenüber Flüchtlingen seien oftmals ein Versuch, die Schuld der Großeltern zu tilgen, sagte Weidenfeld weiter: „Hitler ausmerzen, indem die Deutschen endlich die Guten sind.“ Man nehme jedoch „die Verbrechen von morgen hin, um die Verbrechen von gestern wiedergutzumachen“, wenn man die Vertriebenen aufnehme, aber die Vertreiber nicht verfolge. Von gemäßigten Muslimen forderte Weidenfeld, sie müssten „endlich klarstellen, wo sie im Verhältnis zu unserer Zivilisation stehen“.
Der langjährige Verleger warnte, künftig werde sich der Antisemitismus in Mitteleuropa wieder festsetzen. Man wisse nicht, wie sich die Flüchtlinge im Westen einleben würden, so Weidenfeld, der selbst vor den Nazis nach Großbritannien flüchtete.
Weidenfelds Hilfsorganisation „Safe Havens“ (dt. Sichere Häfen) konzentriert sich nach eigenen Angaben auf christliche Flüchtlinge aus Syrien. Daran gebe es durchaus Kritik, sagte er. „Aber warum darf man diese Christen, die aus den ältesten Gemeinden der Welt kommen, nicht bevorzugen?“ Die Betroffenen seien „in ihrer Heimat völlig verloren“ und hätten keine Chance, in den Nachbarländern unterzukommen.