Ministerium zensiert israelisch-palästinensischen Liebesroman
Jerusalem (APA/AFP) - In Israel hat das Bildungsministerium mit einer Zensurmaßnahme Empörung unter Intellektuellen ausgelöst. Die Beamten v...
Jerusalem (APA/AFP) - In Israel hat das Bildungsministerium mit einer Zensurmaßnahme Empörung unter Intellektuellen ausgelöst. Die Beamten verboten die Lektüre des 2014 veröffentlichten Romans „Borderlife“ der Schriftstellerin Dorit Rabinjan in Schulen. Der Grund: In dem Buch beschreibt die Autorin eine Liebesbeziehung zwischen einem Palästinenser und einem Israeli - für Nationalreligiöse in Israel ein Tabubruch.
Chef des Bildungsministeriums ist Naftali Bennett, der Vorsitzende der nationalreligiösen Partei Jüdisches Heim. Die für die Maßnahme zuständige Ministeriumsmitarbeiterin Dalia Fenig begründete den Schritt in der Presse mit der Gefahr, das Buch könne zur Assimilation von Israelis und Palästinensern ermutigen. Von breiten Gesellschaftsschichten in Israel würden solche Beziehungen als „Bedrohung für eine getrennte Identität“ gesehen, die dem Selbstverständnis Israels als jüdischer Staat zuwiderliefen, sagte Fenig.
Rabinjan wurde für ihren Roman mit dem renommierten Bernstein-Literaturpreis ausgezeichnet, englisch-, französisch- und deutschsprachige Verlage erwarben die Buchrechte. Die laut Rabinjans Agentin Deborah Harris biografisch inspirierte Geschichte handelt von der israelischen Übersetzerin Liat und dem palästinensischen Künstler Hilmi, die sich in New York ineinander verlieben, bevor sie nach Tel Aviv und Ramallah im besetzten Westjordanland zurückkehren müssen. Das Verbot werde den Verkauf fördern, sagte Harris.
Rabinjan nahm die Entscheidung mit Ironie zur Kenntnis: „Offenbar glaubt irgendjemand im Bildungsministerium weiter daran, dass Literatur die Macht hat, die Dinge im formbaren Bewusstsein der Jugend zu ändern (...), das scheint mir ein Anlass für Optimismus zu sein.“ Bekannte Autorenkollegen nahmen die Entscheidung der Behörde dagegen mit weniger Gelassenheit auf. Abraham B. Jehoschua sagte, das Ministerium „versteht nichts von echter Literatur“. Rabinjans Buch sei ein „großes und tiefes“ Werk.