Ein Hauch von Winter in Tirol, Waldbrandgefahr bleibt
Was im alten Jahr Tirol verwehrt blieb, das neue bringt zumindest ein paar Flocken und Temperaturen um den Nullpunkt. Die Waldbrandgefahr ist allerdings noch nicht gebannt.
Von Gabriele Starck
Innsbruck – Zum Jahreswechsel hat nun doch ein wenig Winter Einzug gehalten. Sonntag in der Früh hatte sich über das ganze Land eine Schneedecke gelegt – wenn auch nur eine hauchdünne. Was da noch dazukommt, kann ZAMG-Meteorologe Harald Schellander nicht so genau beantworten. Die schwer einzuschätzende Westströmung werde in den nächsten Tagen für wechselhaftes Wetter sorgen, die Schneefallgrenze aber wohl über 1000 Meter steigen, meint er.
Aufatmen könnten am ehesten die Sportbegeisterten und Touristiker in den Weststaulagen, also am Arlberg und in den westlichen Gletscherregionen. Dort dürften in den kommenden Tagen immerhin 30 bis 40 Zentimeter Schnee fallen. Und die Temperaturen würden sich rund um den Gefrierpunkt bewegen. Kälter werde es nur, wenn die Nächte sehr klar sind. „Wärmer wird es erst zum Wochenende hin wieder“, sagt Schellander. Von sibirischer Kälte oder davon, im Schnee zu versinken, kann also nach wie vor keine Rede sein.
Für die Feuerwehren ist das, was in der Nacht auf Sonntag vom Himmel fiel, jedenfalls noch lange nicht ausreichend, um Entwarnung zu geben. „Das war zu unergiebig, um die Waldbrandgefahr einzudämmen“, sagt Markus Wimmer von der Berufsfeuerwehr Innsbruck: „Es bleibt gefährlich – vor allem in sonnenexponierten Lagen.“
Auch die Wald- und Obstbauern sind ihrer Sorgen noch nicht entbunden – und das nicht nur der Brandgefahr wegen. „Wir Bauern wünschen uns einfach normales Winterwetter. Alles, was extrem abweicht, ist immer schlecht für uns“, sagt der Landwirt und VP-Landtagsabgeordnete Hermann Kuenz. „Mein Vater und mein Schwiegervater waren Holzknechte – und sie haben apere Winter gehasst, weil sie wegen der vereisten Wege das Holz nicht zu Tal bringen konnten“, erzählt er. „Damals waren apere Winter eben immer kalt, aber jetzt sind sie warm. Das macht schon nachdenklich“, sagt Kuenz
Beunruhigt hat ihn die Wärme vor allem wegen der Obstbäume. „Die Bäume sind in Winterruhe und müssen auch dort bleiben“, sagt er. Die Wärme jedoch könnte sie zum Austreiben reizen. Wenn es dann sehr kalt werde, sei die Blüte zerstört.
Zum Blühen gereizt haben die lauen Temperaturen in den vergangenen Wochen jedenfalls schon etliche Blumen. Ob Gänseblümchen auf einer Wiese im Wilden Kaiser oder die Enzian auf 1300 Metern Seehöhe im Oberland – eine derartige Blumenpracht ist für Dezember und Jänner doch ungewöhnlich.
Für die Vegetation wäre es auf jeden Fall gut, wenn es ausgiebiger schneite. „Pflanzen sind unter einer Schneedecke geschützt, weil es dort feucht und nicht sehr kalt ist“, sagt der Botaniker Stefan Mayr von der Uni Innsbruck. Fehle bei großer Kälte der Schnee, gerieten die Pflanzen unter Stress. Einmal unter Trockenstress: „Bei gefrorenem Boden haben die Pflanzen keinen Zugang zum Bodenwasser, verlieren aber über ihre Oberfläche weiterhin sehr wohl Wasser“ über die Verdunstung. Da die Böden in höheren Lagen bereits länger gefroren sind, sei diese Frosttrocknis, wie sie genannt wird, heuer sehr intensiv. „Mögliche Trockenschäden wird man aber erst in der Vegetationsperiode erkennen können“, sagt Mayr.
Die zweite Gefahr ist der Temperaturstress, erklärt der Botaniker: „Allen auf Schneebedeckung angewiesenen Arten wird der heurige Winter sicher Probleme machen.“ In der Regel ließen sich Pflanzen durch wärmere Phasen aber nicht täuschen und verblieben im Ruhezustand, beruhigt er.