Iowa erster Stimmungstest für die US-Präsidentschaftswahl
Washington (APA/AFP) - Maisfelder, Schweineställe und schier endloses flaches Land: Iowa liegt nicht nur geografisch weit entfernt von Washi...
Washington (APA/AFP) - Maisfelder, Schweineställe und schier endloses flaches Land: Iowa liegt nicht nur geografisch weit entfernt von Washington mit seinen prächtigen Regierungsbauten, in denen Politiker, Spitzenbeamte und Lobbyisten die Geschicke der USA in den Händen halten. Am 1. Februar trifft der US-Staat im Mittleren Westen bei den Vorwahlen eine erste Entscheidung, wer ins Rennen gehen soll, um in der Hauptstadt künftig als Präsident den Ton anzugeben.
Sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern gleicht der innerparteiliche Wahlkampf einem Ringen zwischen Establishment und Außenseitern, die einen weitverbreiteten Unmut über die politischen und wirtschaftlichen Eliten ansprechen. Der Weg bis zur Präsidentschaftswahl im November ist noch lang und das Gewicht der Delegierten aus Iowa bei der Kandidatennominierung im Sommer verschwindend gering. Doch der symbolische Wert eines Erfolgs in dem Staat kann einen Präsidentschaftsbewerber nach vorn katapultieren.
Im Jänner 2008 gewann der bis dahin wenig bekannte Senator Barack Obama die Vorwahlen der Demokraten in Iowa - der Grundstein zu seinem späteren Wahlsieg. Die damals als „unausweichliche Kandidatin“ geltende frühere First Lady Hillary Clinton landete überraschend nur auf dem dritten Platz. Nun befindet sich Clinton wieder in der Favoritenrolle, in landesweiten Umfragen lässt sie den Senator Bernie Sanders im Rennen um die Kandidatur der Demokraten deutlich hinter sich. In Iowa dürfte es aber knapp werden, im zweiten Vorwahlstaat New Hampshire sehen Meinungsforscher Sanders sogar in Führung.
Auch wenn sich Clinton zu Beginn ihres Wahlkampfs mit einer Tour im Minivan durch mehrere Staaten volksnah zu geben versuchte, gilt sie als klassische Vertreterin des Washingtoner Machtzirkels. An der Seite ihres Ehemanns Bill lebte sie in den 90er-Jahren schon einmal im Weißen Haus, später war sie Senatorin sowie Außenministerin. Umfragen bescheinigen ihr ein Glaubwürdigkeitsproblem - ein Eindruck, den ihre fragwürdige Nutzung privater E-Mails als Chefdiplomatin noch verstärkte.
Senator Sanders dagegen vertritt seit Jahrzehnten eine klare Linie beim Thema soziale Gerechtigkeit. Der selbsterklärte „demokratische Sozialist“ aus Vermont wirft den Superreichen in den USA vor, sich auf Kosten der breiten Bevölkerung zu bereichern und über Wahlspenden die Demokratie gekapert zu haben. Clinton ist für ihn Teil des Systems. „Ich bekomme keine Redehonorare von Goldman Sachs“, sagte er mit Blick auf die Auftritte seiner Kontrahentin bei der Investmentbank.
Sanders‘ Botschaft verfängt vor allem bei jungen Leuten und Studenten, doch in Zeiten stagnierender Einkommen für die Mittelschicht und wachsender Ungleichheit könnte sie auch darüber hinaus einen Nerv treffen. Clinton erklärte in der jüngsten Fernsehdebatte der Demokraten, dass Sanders eine „Revolution“ plane, während sie selbst auf der Präsidentschaft von Obama aufbauen wolle.
Revolutionäre Züge nahm auch der republikanische Vorwahlkampf an. Seit Monaten liegt der Immobilienmagnat Donald Trump an der Spitze der Umfragen und bringt das Establishment der Partei mit populistischen Äußerungen gegen illegale Einwanderer, Muslime und Freihandel zur Verzweiflung. Doch an der Basis kommen Trumps Tiraden gut an, kein noch so umstrittener oder beleidigender Kommentar scheint ihm politisch schaden zu können.
Die Parteioberen suchten Medienberichten zufolge bei Geheimtreffen bereits nach Wegen, wie sie Trump verhindern können. Die Zeitschrift „National Review“, Sprachrohr konservativer Vordenker in den USA, kritisierte den Milliardär als „philosophisch nicht verankerten politischen Opportunisten, der den breiten ideologischen konservativen Konsens bei den Republikanern zugunsten eines frei schwebenden Populismus mit Raufbold-Untertönen zerstören würde“.
Unklar ist allerdings, ob Trump den Volkszorn auch tatsächlich in Wählerstimmen ummünzen kann. In Iowa liefert er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Senator Ted Cruz, der sich ebenfalls als Anti-Washington-Kandidat profiliert. Der ursprüngliche Wunschkandidat vieler etablierter Republikaner, Jeb Bush, ist in Umfragen hingegen abgeschlagen.