US-Vorwahlen - Caucus in Iowa: Urwüchsige Form der Basisdemokratie
Washington (APA/AFP) - In der Regel nur alle vier Jahre schafft Iowa den Sprung in die weltweiten Schlagzeilen: In dem Staat im Mittleren We...
Washington (APA/AFP) - In der Regel nur alle vier Jahre schafft Iowa den Sprung in die weltweiten Schlagzeilen: In dem Staat im Mittleren Westen der USA beginnen traditionell die Vorwahlen zur Nominierung der US-Präsidentschaftskandidaten, was ihm in Wahljahren ein unverhältnismäßig großes politisches Gewicht verleiht.
Am 1. Februar kommen Demokraten und Republikaner bei den sogenannten Caucuses zu einer besonders urwüchsigen Form der Basisdemokratie zusammen:
WAS PASSIERT BEI DEN CAUCUSES?
Überall in dem US-Staat treffen sich Anhänger beider Parteien in Schulen, Kirchen oder Bibliotheken zu abendlichen Wahlversammlungen, um über die Bewerber und ihre politischen Programme zu diskutieren. Insgesamt halten Republikaner und Demokraten in knapp 1.700 Stimmbezirken einen Caucus ab. In Städten nehmen nicht selten mehrere hundert Menschen an einer Wahlversammlung teil, auf dem Land erscheinen oft nur zwei Dutzend Parteianhänger.
Der Ablauf der Wahlversammlungen unterscheidet sich je nach Partei. Bei den Republikanern hören die Caucus-Teilnehmer zunächst kurze Reden von Vertretern der Bewerber, ehe sie in geheimer Wahl für ihren Favoriten votieren. Die Resultate aus den einzelnen Stimmbezirken werden dann zu einem Gesamtergebnis zusammengerechnet, auf dessen Grundlage die Delegierten aus Iowa für den republikanischen Nominierungsparteitag proportional verteilt werden.
Deutlich unübersichtlicher ist es bei den Demokraten, wo buchstäblich mit den Füßen abgestimmt wird. Die Caucus-Teilnehmer werden gebeten, sich in jene Ecke des Saals zu begeben, die mit dem Namen ihres Lieblingskandidaten gekennzeichnet ist. Wahlgeheimnis gibt es also nicht, es wird Kopf für Kopf durchgezählt.
Gruppieren sich in einer Ecke weniger als 15 Prozent der Anwesenden, sind deren Stimmen nicht gültig. Entweder können sie sich dem Lager eines anderen Bewerbers anschließen oder die Wahlversammlung verlassen. Die Ergebnisse aus den Stimmbezirken fließen am Ende in einen komplizierten Schlüssel ein, mit dem die Demokraten in Iowa die Vergabe ihrer Delegierten - und damit den Gewinner der Vorwahl - bestimmen.
WER STIMMT ÜBER DIE PRÄSIDENTSCHAFTSBEWERBER AB?
Zu den Versammlungen sind nur Parteimitglieder zugelassen, allerdings sind Beitritte und Parteiwechsel noch am Wahlabend erlaubt. Wegen des aufwendigen Verfahrens stimmt gewöhnlich lediglich eine Minderheit der rund 612.000 registrierten Republikaner und der rund 584.000 registrierten Demokraten in Iowa ab. Vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung beim Caucus der Republikaner beispielsweise bei etwa 20 Prozent.
WARUM HAT IOWA SO EINE GROSSE BEDEUTUNG?
Iowa stellt bei den Demokraten nur 52 der gut 4.700 Delegierten für den Nominierungsparteitag, bei den Republikanern kommen 30 von knapp 2.500 Delegierten aus dem Staat. Dennoch verbringen die Präsidentschaftsbewerber wegen der medialen Aufmerksamkeit für die erste Vorwahl viel Zeit in dem dünnbesiedelten Staat im Herzen Amerikas. Die Zeitung „Des Moines Register“ zählte seit Beginn des Wahlkampfes mindestens 1.200 Auftritte von demokratischen und republikanischen Präsidentschaftsanwärtern - zehn Mal so viele wie im bevölkerungsreichsten Staat Kalifornien.
Die Vorreiterrolle geht auf den Wahlkampf 1972 zurück, als die Demokraten ihren Nominierungsparteitag auf den Juli vorverlegten. Daraufhin organisierte die Partei in Iowa ihre Vorwahlen im Jänner. Die Republikaner zogen vier Jahre später nach. Später schrieb das Parlament von Iowa gesetzlich fest, dass in dem Staat die erste Vorwahl für Präsidentschaftskandidaten stattfinden soll.
Kritiker bemängeln, dass Iowa seinen großen Einfluss auf die Kandidatenauslese nicht verdiene, weil es mit seinen 3,1 Millionen Einwohnern knapp ein Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht und die ganz überwiegend weiße Wählerschaft nicht die Vielfalt des Landes widerspiegelt. Auch die starke Prägung der Wirtschaft durch den Agrarsektor ist nicht repräsentativ.