„Vier Gemeinden reichen völlig für das Außerfern“
Der Jungholzer Bürgermeister Bernhard Eggel kann sich eine Zusammenlegung der 37 Gemeinden im Bezirk Reutte vorstellen.
Von Helmut Mittermayr
Reutte, Jungholz –Sag zum Abschied leise Servus. Diesen Gefallen kann der Jungholzer Bernhard Eggel seinen Bürgermeisterkollegen im Bezirk Reutte nicht machen. Er schlägt noch einmal die große Trommel, bevor er sich nach 24 Jahren aus dem Bürgermeisteramt zurückzieht. Die Botschaft des ehemaligen VP-Landtagsabgeordneten werden viele nicht gerne hören. Eggel: „Vier Gemeinden reichen für das Außerfern vollkommen. Meiner Meinung nach entspricht es nicht mehr der heutigen Zeit, in einem Bezirk wie Reutte mit gerade einmal 32.000 Einwohnern 37 Gemeinden zu haben. Hier genügen vier Gemeinden – eine Gemeinde Zwischentoren, eine Lechtal, eine Tannheimer Tal und eine Gemeinde Reutte. Das wären dann Verwaltungseinheiten, die entsprechend zu organisieren wären und dem Bürger mehr an Service bieten könnten.“ Gerade das Thema Servicequalität ist für ihn hierbei vorrangig. Denn Kleingemeinden könnten viele Leistungen nicht darstellen. Ohne Jurist sei es für Kommunen auch immer schwerer, fehlerfrei zu arbeiten. Das habe sich gegenüber den 1990er-Jahren massiv geändert.
Bernhard Eggel ist klar, dass eine Umsetzung seiner Ideen am Nimmerleinstag zu erwarten ist. „Denn dann würde die ÖVP im Land ihre Macht verlieren. Zumindest hat sie davor Angst. Wenn sie die Bürgermeister haben, dann haben sie auch das Volk, glauben die Parteistrategen.“ Dieser Denkansatz sei ja auch legitim. Deshalb sei sein Vorschlag in der Tiroler Realpolitik ein Tabuthema, das man weder andenken noch ansprechen dürfe, ohne dafür politisch gesteinigt zu werden. Aber die Zeichen der Zeit seien gewiss andere. Für eine mittlere Stadt in Deutschland mit rund 700.000 Einwohnern, gleich viel wie in ganz Tirol, reiche auch ein Bürgermeister mit seinen Stadträten aus, lässt der nordwestlichste Bürgermeister Tirols wissen.
Der Jungholzer hat seinen Vorschlag auch in das Tiroler Politikjahrbuch 2016 eingebracht. Von der offiziellen Tiroler Politik hat er noch nichts dazu gehört. „Die wollen, wie schon gesagt, von Gemeindezusammenlegungen ganz sicher nichts wissen. Aber inzwischen muss sich ein Bürgermeister um einen Berg von Verwaltungsaufgaben kümmern. Das gestaltende Element der Politik wird auf Gemeindeebene bewusst oder unbewusst zugrundegerichtet.“
Gerade die vor Jahren über die Bühne gebrachten Zusammenlegungen der Tourismusverbände in Tirol sieht er als positives Vorbild. Anfangs habe es auch hier große Widerstände gegeben. Heute könne man es sich gar nicht mehr anders vorstellen. Die kleinen Einheiten wären nicht mehr vorstellbar. Auch in der Steiermark hätten sich die Zusammenlegungen der Gemeinden nach größter Skepsis am Anfang nun als praktisch erwiesen. „Die Servicequalität für die Bürger nimmt immens zu.“ Ein gutes Beispiel dafür seien gerade Verwaltungsgemeinschaften, die bayerische Kommunen schon länger eingegangen seien. Dort würde das Konzept funktionieren.
Bei nur vier Außerferner Gemeinden könnten alle Bürgermeister als oberste Verwaltungschefs in Vollzeit arbeiten und könnten sich ganz dieser Aufgabe widmen. Auch persönliche Dauerproblemstellungen wie privater Arbeitgeber, Versicherungen, Pensionszeiten und vieles mehr wären leichter zu lösen. Die Zeit der Quasi-Ehrenamtlichen ist für Eggel vorbei. Die neuen Anforderungen würden Profis benötigen.
Die Tiroler Tageszeitung will vom Jungholzer Dorfchef wissen, wie weit er gehen würde. Beispiel Feuerwehren. Auch diese zusammenführen? Diese Frage ist für Eggel aber nicht vorrangig. Eine Gemeinde „Tannheimer Tal“, in der alle alten Orte im neuen, größeren Kommunalparlament vertreten wären, könne Einsparungspotenziale ja dann ausloten und bewerten. „Aber sind wir uns ehrlich. Wenn ich heute untertags in Jungholz den Sirenenknopf drücke, muss ich froh sein, wenn ich überhaupt einen Wagen für den Erstlöschangriff voll bekomme. Für alles andere brauche ich jetzt schon die anderen. Eine Drehleiter haben wir zum Beispiel nicht, Tannheim schon.“