Opernball - Tobisch: „Ernst nehmen dürfen S‘ das nicht“

Wien (APA) - Der Wiener Opernball wird am 4. Februar zum 60. Mal nach dem Zweiten Weltkrieg gefeiert. Eigentlich hätte dieses Jubiläum zeleb...

Wien (APA) - Der Wiener Opernball wird am 4. Februar zum 60. Mal nach dem Zweiten Weltkrieg gefeiert. Eigentlich hätte dieses Jubiläum zelebriert werden sollen. Doch das Thema rückte prompt in den Hintergrund, als Desiree Treichl-Stürkgh bekannt gab, ihre Funktion als Organisatorin zurückzulegen. Was ihre Nachfolgerin mitbringen muss? Eine, die es wissen muss, ist Schauspielerin Lotte Tobisch.

Die 89-Jährige organisierte den „leidigen“ Ball, durch den sie berühmt wurde, 15 Jahre lang - und das immer mit einem Augenzwinkern: „Man muss es ernsthaft machen, es muss klappen, es muss in Ordnung sein. Aber ernst nehmen dürfen S‘ das nicht“, sagte sie im APA-Interview.

Tobisch stammt aus einer begüterten Familie und wuchs in Wien auf. Bälle in der Oper waren ihr bereits in der Kindheit ein Begriff - fest verankert mit der Erinnerung an ihre Mutter, die derlei Veranstaltungen schon in den 1930er-Jahren besuchte: „Meine erste Begegnung damit war meine unglaublich schöne Mutter. Wunderbar hergerichtet, mit dem gesamten Familienschmuck draufgehängt. Der Opernball war für mich immer eine Märchenveranstaltung, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.“

Sie selbst besuchte sogar den ersten Opernball nach dem Zweiten Weltkrieg 1956: „Aus Neugier war ich dort. Es war sehr hübsch und das war es. An sich bin ich kein Ballgeher. Ich tanze zwar, aber beim Walzer wird mir sofort schlecht.“ Eigentlich keine gute Voraussetzungen für das Amt der Ballorganisatorin - mehr noch, denn auch Alkohol trinke sie keinen und ein „Gesellschaftsmensch“ sei sie schon gar nicht.

Nichtsdestotrotz übernahm sie 1981 die Organisation des Opernballes. Was sie an der Aufgabe reizte? Die Inszenierung des Events und auch die Rolle, die sie zu spielen hatte: „Ich habe die Ballmutter, die Mutter der Nation gespielt - einen Abend ist es ja ganz lustig.“ Berührungsängste mit dem Publikum hatte sie ob ihrer Herkunft nie - und abgesehen davon: „Es ist im Grunde ein Faschingsfest. Und das Kostüm dieses Faschings ist der Frack und das lange Abendkleid.“ Dabei zitierte Tobisch Arthur Schnitzler: „Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug.“

Was ihr an der Arbeit gefiel? Den Leuten eine Freude zu machen: „Ich erinnere mich, dass eine Mutter vom Land kam, mit einem besonders hässlichen Kind. Sie hat gesagt: ‚Schauen‘s Frau Tobisch, meine Tochter, sie will unbedingt zum Opernball. Ich habe gesagt: Gemma hin, aber es hat gar keinen Sinn. Schauens Sie sie an, was wollen s‘ denn mit der?‘ Ich habe gesagt: ‚Erstens einmal bin ich keine Schönheitskonkurrenz und zweitens kann sie tanzen?‘“ Das Mädchen konnte tanzen und hat den Opernball in der fünften Reihe eröffnet: „Und wenn man dann sieht, wie so ein Mädl, ein wirklich schiaches Mädl, sich verändert hat, das glauben Sie nicht. Sie ist genommen worden bei 800 Paaren, sie ist ein neuer Mensch geworden“, erinnerte sich die 89-Jährige.

In ihrer Ära gab es auch immer den „ewigen Schrei nach der Prominenz“ auf dem Ball - mehr noch nach Monarchen. „Es ist mir gelungen, Prinz Philipp herzubringen. Aber was ist das schon. Man will eine Königin, man will eine Prinzessin. Also hat eine Dame der sogenannten Gesellschaft die Prinzessin Caroline von Monaco gebracht. Das war eine Mordspleite. Die junge Dame konnte ihr Geschäft nicht. Der ist man irgendwann auf die Zehen getreten, worauf sie den ganzen Abend schlecht aufgelegt war, nur ein böses Gesicht gemacht hat, keine Interviews gegeben hat.“

Mit Baumeister Richard Lugner, der ihren Nachfolgerinnen viele Nerven kostete, hatte Tobisch hingegen keine Probleme: „Nur ein Trottel regt sich über den Lugner auf. Einen Wurschtel muss der Opernball zum Fasching aushalten.“ Sie respektiere ihn: „Wie er ist, das wissen wir. Der Meinl verkauft ein Mohrenköpfchen, er verkauft eben seinen eigenen fürs Geschäft. Ich mag Menschen nicht, die andere Menschen verachten.“ Ebenfalls gut im Griff hatte sie den ehemaligen Staatsoperndirektor Ioan Holender, mit dem vor allem ihre Nachfolgerin Elisabeth Gürtler ihre liebe Mühe hatte: „Ich sage immer mein ‚Todfreund‘. Er hat mich zu Tode sekkiert, aber das geht bei mir nicht so leicht.“

Tobisch hat den Opernball bis 1996 organisiert und viel erlebt: Angefangen von den Opernball-Demos über prominente Gäste bis hin zur Entscheidung, die Veranstaltung wegen des Irak-Krieges 1991 abzusagen - was sie übrigens heute nicht mehr tun würde. Sie trauert ihrer Zeit als „Ballmutter“ nicht hinterher: „Ich habe in meinem Leben eines immer gekonnt - eine meiner wenigen guten Eigenschaften ist: Ich weiß, wenn was zu Ende ist. Es ist ein abgeschlossenes Kapitel.“

Wenn es nach Tobisch geht, dann soll es künftig überhaupt keine Opernball-Lady, die das Fest organisiert, geben: „Sie sollen das das Büro machen lassen. Das kann das allein, man braucht gar niemanden mehr. Der Direktor soll das selber übernehmen als Chef und das Büro funktioniert sowieso. Diese Art von Besetzungskarussell, das ist zu blöd.“

(Das Interview führte Dorit Ausserer/APA)