Neue Suchtpräventionsstrategie stellt Erkrankung in den Mittelpunkt

Wien (APA) - Erstmals gibt es eine gesamtösterreichische Suchtpräventionsstrategie. Das von 100 Experten erarbeitete Papier ist am Dienstag ...

Wien (APA) - Erstmals gibt es eine gesamtösterreichische Suchtpräventionsstrategie. Das von 100 Experten erarbeitete Papier ist am Dienstag im Ministerrat beschlossen worden. Mit dem Maßnahmenkatalog wird allen Akteuren im Bereich Suchtproblematik klar der Grundsatz kommuniziert: „Sucht ist eine Erkrankung“, wie Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) bei einem Hintergrundgespräch betonte.

Österreich ist laut der Ministerin in Sachen Suchtprävention „nicht wirklich Vorreiter, sondern Nachzügler“ gewesen. Mit dem Strategiepapier werde nun versucht „ein Dach zu spannen“, über das, was in den Bundesländern in diesem Bereich schon passiert. Es umfasst illegale Drogen und neue psychoaktive Substanzen genauso wie Nikotin- und Alkoholsucht, Spielsucht und andere Verhaltenssüchte wie Internetsucht.

„Diese Strategie dient nicht zur Bekämpfung des Angebotes“, erläuterte Oberhauser. „Im Mittelpunkt steht immer der suchtkranke Mensch“, hob Hans Haltmayer, Beauftragter für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, hervor. Das Papier lässt verschiedene Therapieansätze zu. Beispielsweise ist bei schwer Suchtkranken nicht immer völlige Abstinenz das Behandlungsziel.

Das erste der fünf Hauptziele der Strategie ist, die negativen Auswirkungen der Suchterkrankung so gering wie möglich zu halten, außerdem sollen Suchtkranke „bedarfsorientiert im Gesundheits- und Sozialsystem betreut werden“, wie Oberhauser sagte. Drittens sollen Menschen mit Suchtproblematik in Österreich „objektiv und subjektiv gesünder“ gemacht werden. Der Plan sieht zudem vor, Suchtkranken selbstbestimmte Lebensführung durch Integration/Reintegration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und letztens soll ein sozial verträgliches Miteinander im öffentlichen Raum durch Abbauen von Stigmata erreicht werden.

Das Maßnahmenpapier sollte nach dem Ministerratsbeschluss an das Bundesdrogenforum und alle weiteren Institutionen weitergeleitet werden, die sich mit dem Thema Suchtprävention beschäftigen. „Diese Strategie liegt über allen Politikbereichen. Das heißt, es ist auch die Wirtschaft und die Bildung verantwortlich, an den Verhältnissen zu schrauben“, sagte Klaus Peter Ederer, Sucht- und Drogenkoordinator der Steiermark.

„Seit über 30 Jahren haben wir in der Fachwelt gesagt, es bräuchte eine gemeinsame Strategie“, erzählte Christoph Lagemann, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen ARGE Suchtvorbeugung. „Wenn man Menschen isoliert, stigmatisiert, sie verfolgt, ausschließt, dann verfestigt man ihre Sucht und hilft ihnen nicht“, unterstrich er den ebenfalls in dem 24-seitigen Papier festgeschriebenen Grundsatz „Therapie statt Strafe“.

Wie vielen Menschen mit der Strategie geholfen werden soll, lässt sich nicht genau sagen, da Abhängige teilweise von mehreren Süchten betroffen sind, erläuterte Christian Haring, Ärztlicher Leiter der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im LKH Hall in Tirol. Es gebe in Österreich beispielsweise rund 1,4 Millionen Nikotinabhängige und 1,1 Millionen Personen mit problematischem Alkoholkonsum, aber „das lässt sich nicht aufaddieren“.

In Zahlen festgemachte Zielvorgaben finden sich in dem Strategiepapier nicht, auch mehr Geld ist laut Oberhauser für Suchtprävention derzeit nicht vorgesehen. Mithilfe des Maßnahmenkatalogs sollen neue Lösungen entwickelt und Lösungskonsense für konkrete Fragen erreicht werden.