Vierjährige Tochter 3 - Angeklagte „in extremem Belastungszustand“

Wien (APA) - Für die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner war bei der 38-jährigen Mutter zum Tatzeitpunkt Zurechnungsfähigkeit „n...

Wien (APA) - Für die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner war bei der 38-jährigen Mutter zum Tatzeitpunkt Zurechnungsfähigkeit „noch vorhanden“. Die Frau befand sich der Gutachterin zufolge aber in einem „extrem Belastungszustand“, weil sie erkennen musste, dass sie diesmal die Delogierung nicht mehr abwenden konnte. In dieser Situation habe die Frau keine weitere Belastung mehr ertragen können.

Diese musste sie laut Kastner allerdings hinnehmen, als ihre vierjährige Tochter ihr weinend erklärte, sie wolle nicht aus der Wohnung ausziehen. Da sei bei der Mutter „das System gekippt“, führte die Gutachterin aus. Dass die Frau zum Messer griff, habe im Ergebnis bewirkt, „dass der akustische Druck, den die Tochter ausgeübt hat, weg war“, legte die Sachverständige den Geschworenen dar.

Es habe sich um eine „Impulstat“ gehandelt, hervorgerufen durch „eine Panikattacke, eine Angstattacke“, weil an der Delogierung nicht mehr zu rütteln war. Die Frau, die Unerfreuliches stets ins Eck zu stellen pflegte und Konfrontationen aus dem Weg ging, sei plötzlich „ohne Plan da gestanden, was sie machen soll. Und wenn Dinge nicht mehr zu kontrollieren sind, wird sie panisch“, erklärte Kastner. Diese Paniksituation habe die Angeklagte in ihrer Steuerungsfähigkeit „erheblich eingeschränkt“.

Die Frage, ob die 38-Jährige trotz gegebener Zurechnungs- und Schuldfähigkeit als derart gefährlich betrachtet werden muss, dass sie bei einem Schuldspruch zusätzlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden müsste, verneinte die Sachverständige. Die Angeklagte sei grundsätzlich eine „psychisch gesunde, funktionierende, normale Frau“, von der eine „minimale Gefährlichkeit“ ausgehe.

Als angedachten erweiterten Selbstmord könne man das inkriminierte Geschehen nicht deuten, wies Kastner den von Verteidigerin Astrid Wagner ins Spiel gebrachten Erklärungsversuch zurück. Die Mutter hatte laut Gutachterin „ganz sicher nicht die Absicht, sich zu töten“.

Mit dem Urteil war nicht vor 14.00 Uhr zu rechnen. Der 38-Jährigen droht bei einem anklagekonformen Schuldspruch eine Freiheitsstrafe zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslang.