„I love Vienna“: Regisseur und Psychiater Houchang Allahyari wird 75
Wien (APA) - Die Themen Migration und Asylpraxis bestimmen Houchang Allahyaris kreatives Schaffen. Zuletzt hat der Filmemacher und Psychiate...
Wien (APA) - Die Themen Migration und Asylpraxis bestimmen Houchang Allahyaris kreatives Schaffen. Zuletzt hat der Filmemacher und Psychiater sich mit seinem Film „Der letzte Tanz“ auch dem repressiven Rechtssystem und dem Tabu Sexualität im Alter gewidmet. „Dieses Land ist meine Heimat geworden - und gerade deshalb erlaube ich mir auch Kritik“, sagt der gebürtige Iraner, der am Montag 75 Jahre alt wird.
1941 in Teheran geboren, kam Allahyari als Jugendlicher mit seiner Mutter nach Österreich, um seine „Faszination für Film und Theater weiterzuentwickeln“, und Theaterwissenschaften zu studieren. Bereits als 17-Jähriger hatte er Filmkritiken für iranische Zeitungen verfasst, das Interesse für Psychiatrie veranlasste ihn jedoch dazu, in Wien vorerst ein Medizinstudium anzufangen. Nach einer Ausbildung zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie betrieb er eine Ordination und arbeitete daneben 20 Jahre lang für das Justizministerium in Haftanstalten als Psychiater für Drogenabhängige. Heute hat er eine eigene Praxis im fünften Wiener Gemeindebezirk.
Der Film ließ ihn dennoch nicht los. In der Therapie setzte er das Medium regelmäßig ein, in den 70ern schuf er parallel seine ersten filmischen Arbeiten. Seine Tätigkeit als Psychiater gab er dennoch nie auf. „Das inspiriert mich auch für meine Filme, da ich in direktem Kontakt mit Menschen und deren Problemen bin“, meinte Allahyari einmal in einem APA-Gespräch. „Meine Filme haben ja auch immer mit meiner Umgebung zu tun. Ich möchte keinen meiner zwei Jobs weglassen.“
Nach frühen Kurzfilmen und avantgardistischen Werken produzierte er Fernsehdokumentationen und Kinospielfilme, vor allem das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen machte Allahyari dabei regelmäßig zum Thema. Seine schwarze Komödie „I love Vienna“ mit u.a. Michael Niavarani war 1991 der erfolgreichste österreichische Film des Jahres und wurde als Kandidat für den Auslands-Oscar eingereicht. Auch mit „Höhenangst“ über einen Häftling (Fritz Karl), der in einem Dorf ein neues Leben beginnen will, erlangte er internationale Aufmerksamkeit. Heimische Filmprominenz wie Josef Hader und Karl Markovics wirkten daraufhin in der Produktion „Geboren in Absurdistan“ (1999) mit, in der eine österreichische und eine türkische Familie in einem Krankenhauszimmer aufeinandertreffen.
Die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit erlangte Allahyari mit dem Kinodokumentarfilm „Bock for President“, den er gemeinsam mit seinem Sohn Tom-Dariusch Allahyari drehte und der 2010 mit dem erstmals vergebenen Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Der Film begleitet die Flüchtlingshelferin Ute Bock, Allahyaris Ex-Schwägerin, zwei Jahre lang bei ihrer Arbeit und stellt neben ihrem unermüdlichen Engagement für Asylsuchende auch die aktuelle und mittlerweile noch verschärfte Situation von Flüchtlingen in Österreich in den Mittelpunkt. Ein Jahr darauf ließ er die semidokumentarische Fortsetzung „Die verrückte Welt der Ute Bock“ folgen - erneut mit prominenter Unterstützung von Hader und Markovics sowie Paulus Manker.
Eine Grande Dame des österreichischen Films besetzte er zuletzt in einer gewagten Rolle: In „Der letzte Tanz“ verkörpert Erni Mangold eine betagte Alzheimerpatientin, die eine innige Beziehung mit einem jungen Zivildiener (Daniel Sträßer) eingeht. Sexualität im Alter, Vorverurteilung in der Gesellschaft und vor Gericht, Entmündigung von Patienten, obsessive Mutter-Sohn-Beziehung aufgrund fehlendem Vater: Der gelernte Psychiater Allahyari packt zahlreiche Themen in seinen in zwei formal wie inhaltlich unterschiedliche Akte geteilten Film, in dem er selbst einen Kurzauftritt als Gefängnis-Seelsorger hat.
„Der letzte Tanz“ wurde bei der Diagonale 2014 als bester Spielfilm prämiert und brachte seiner heute 89-jährigen Hauptdarstellerin Erni Mangold auch die Auszeichnung als beste Schauspielerin sowie später den Österreichischen Filmpreis ein. Allahyari selbst wurde 2012 mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien geehrt. In seinen Dankesworten erinnerte er daran, wie er mit 18 Jahren „voller Neugierde und Erwartungen“ nach Wien gekommen war. Noch heute sei er voller Energie, Tatendrang und Ideen. Seine Rede schloss er mit den Worten: „I love Vienna“.