„Bruch mit der Vergangenheit“: Bloc Party definieren sich neu
Wien (APA) - Vor mehr als zehn Jahren gingen sie mit „Silent Alarm“ durch die Decke: Die britische Band Bloc Party wurde im Zuge des Postpun...
Wien (APA) - Vor mehr als zehn Jahren gingen sie mit „Silent Alarm“ durch die Decke: Die britische Band Bloc Party wurde im Zuge des Postpunk-Revivals nach oben gespült und hielt sich auch danach hartnäckig im Rampenlicht. Mittlerweile ist die Gruppe um Sänger Kele Okereke aber eine andere geworden - neue Rhythmussektion und eine neue Ausrichtung inklusive, wie die Platte „Hymns“ eindrucksvoll zeigt.
„Es ist ein ziemlicher Bruch mit der Vergangenheit“, wusste Okereke im Gespräch mit der APA zu erzählen. Nachdem Bassist Gordon Moakes und Schlagzeuger Matt Tong die Band verlassen haben, sei eine Auflösung aber nie im Raum gestanden. „Bis zu einem gewissen Grad war das ja der Grund, warum es auseinanderging. Wir wollten in jedem Fall weitermachen - und das wäre nicht passiert, wenn sie nicht gegangen wären.“ Wir, das war zuletzt neben Okereke nur sein Kollege Russell Lissack an der Gitarre. Wobei die klassisch instrumentierte Indie-Band für die am Freitag erscheinende Platte endgültig ad acta gelegt wurde.
Komplettiert durch Justin Harris am Bass und Louise Bartle am Schlagzeug hat sich das Quartett nämlich eine Neuausrichtung verpasst, die durchaus mit dem sehr elektronisch und soulig beeinflussten Solooutput des Sängers verglichen werden kann. „Die Leute werden sich daran gewöhnen müssen, was wir jetzt machen“, meinte Okereke. „Es ist eine andere Band, die Chemie ist anders. Mir war beispielsweise wichtig, als Justin und Louise einige ältere Stücke für die Konzerte gelernt haben, dass sie nicht zu verkopft an die Sache herangehen, sondern sich eher auf ein Minimum beschränken. Der Fokus sollte auf den neuen Songs liegen und jenen, die wir erst schreiben werden. Wir wollen nach vorne blicken.“
In diesem Umfeld seien die Neuen jedenfalls sehr wohlwollend aufgenommen worden. „Es war gut, eigentlich vom ersten Moment an“, unterstrich Harris. „Musikalisch funktionieren wir gemeinsam, und auch auf persönlicher Ebene hat es bis jetzt recht gut geklappt. Aber wer weiß“, lachte der Bassist, „man kennt ja Bands. Da kann man sich nie sicher sein.“ Zumindest im Gespräch wurde schnell deutlich, dass die Chemie stimmt. „Im Ernst: Es ist ziemlich spannend für mich“, schob Harris, sonst unter anderem Teil der US-amerikanischen Indie-Band Menomena, nach. „Ich habe so lange mit den selben Leuten Musik gemacht, also war es schon ein Umstieg. Zum Glück bin ich ziemlich umgänglich.“
Wer nun aber glaubt, dass die oft mit leicht unterkühlter, melancholischer Atmosphäre hantierenden Bloc Party nun einen stark humoristischen Hang in der Musik aufweisen würden, der irrt. Trotz spürbarem Spaß setzt das Quartett gewissermaßen auf alte Trademarks in neuen Gewändern: „The Love Within“ speist sich zu Beginn ganz vom Gegensatz zwischen einem dominanten Synthie-Einsatz und Okerekes prägnanter Stimme, „Only He Can Heal Me“ ist ein feines Stück elektronisch gefärbten R‘n‘Bs und „Fortress“ oder „Different Drugs“ sind bedächtige Songs, die ganz dem hymnischen Albumtitel gerecht werden.
„Russell und ich haben sehr lange darüber gesprochen, was wir machen wollen, bevor es überhaupt ans Songwriting ging“, rekapitulierte Okereke den Entstehungsprozess. „Das war neu, weil wir sonst eher instinktiv vorgegangen sind. Aber mir war klar: Ich wollte mich diesmal anders ausdrücken - und auch er sollte das tun. Wir hatten Gelegenheit, eine andere Band zu werden, und das wollte ich wertschätzen und voll ausschöpfen.“ So sei etwa „Hymns“ als Name schon früh festgestanden. „Das war wie eine Rahmenhandlung. Die Songs sollten eine Form von Ehrfurcht ausdrücken, sie brauchten mehr Raum.“
Genau diese Atmosphäre haben Bloc Party über weite Strecken ziemlich gut eingefangen. Ätherisch-fließender Elektro-Pop, der eher zum Nachdenken als für die Tanzfläche geeignet scheint. Im Gegensatz dazu sei es bei früheren Arbeiten oft „nur um Energie und beinahe Aggressivität“ gegangen, betonte Okereke. „Das war zwar cool zu schreiben, aber nicht so cool, als wir damit auf Tour gegangen sind. Für mich persönlich fühlte sich das ziemlich leer an. Wir mussten also einen Schritt auf die Seite machen, von einem anderen Ort kommen.“
„Hymns“ steht dieser neue Anstrich sehr gut, gleichzeitig wird aber auch recht klassisches Liedgut nicht gänzlich außen vor gelassen. Songs wie das vom Blues durchtränkte „The Good News“ oder das sonnige Gitarrenstück „Into The Earth“ bieten Abwechslung und hellere Farben. „Unsere Produzenten wollten diese Lieder eigentlich gar nicht aufnehmen“, erinnerte sich Okereke. „Aber für mich braucht eine Platte Drehungen und Wendungen. Wir haben die richtige Menge an Licht und Schatten. Und insgesamt funktionieren die Songs als zusammenhängendes Ganzes.“ Die Neuaufstellung ist der Band jedenfalls geglückt.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - http://blocparty.com)