„Zusammenlegung wäre unser Tod“
Viele Außerferner Bürgermeister halten nichts von der Idee von vier Außerferner Großgemeinden, wie vom Jungholzer Bernhard Eggel gefordert. Der allgemeine Tenor: Ja zu stärkerer Kooperation, mehr nicht.
Von Helmut Mittermayr
Reutte –„Und das werde ich kurz vor der Wahl gefragt!“ Der Weißenbacher Bürgermeister Hans Dreier lacht. Er kann sich vorstellen, dass die Antworten seiner Kollegen vor und nach dem 28. Februar durchaus unterschiedlich ausfallen könnten. Dreier nimmt sich aber kein Blatt vor den Mund, was die Forderung seines Jungholzer Bürgermeisterkollegen Eggel – vier Gemeinden würden für das Außerfern ausreichen – betrifft. „Zusammenlegungen light. Darüber könnte man noch reden. Aber ob es so brutal mit nur noch vier Gemeinden sein muss, bezweifle ich.“ Dreier nimmt das Beispiel Forchach. MPreis, Bank, Kirche, Tankstelle – all das nutzen die Einwohner der kleinen Nachbargemeinde schon jetzt in Weißenbach. Die Verschränkung sei eng. „Und wer braucht schon wirklich ein Gemeindeamt in der Praxis? Einmal einen Meldezettel ausfüllen, einmal in fünf Jahren ein Bauansuchen.“ So logisch Dreier ein Heranführen Forchachs an Weißenbach erscheint, mag er sich gar nicht ausmalen, was seine Bürger sagen würden, wenn Weißenbach an Reutte andocken müsste.
Der Namloser Gemeindechef Walter Zobl fährt mit den Ideen Eggels in einem Aufwaschen ab: „Das ist doch ein kompletter Blödsinn.“ Seine Gemeinde käme bei einer Gemeindezusammenlegung unter die Räder. „Da wären wir nur noch das Reserverad“ – und hätten nichts mehr zu bestellen. Das erlebe er jetzt schon beim Großtourismusverband, ohne hier irgendeine Schuldzuweisung anbringen zu wollen. „Viel Arbeit würde den jeweiligen Dorfvertretern in einer Großgemeinde ja doch bleiben, dann aber ohne Entschädigung. Aber sie würden Prügelknabe im Dorf bleiben, wenn man nichts durchbringt. Das macht doch niemand.“ Zobl kann sich in Sachen juristischer Beratung oder in Bauangelegenheiten eine stärkere Unterstützung von Sachverständigen vorstellen – mehr nicht.
Ins gleiche Horn stößt auch Wängles Bürgermeister Christian Müller: „Persönlich halte ich nichts davon. Der Ausbau von Kooperationen würde Sinn machen. Das passiert aber jetzt schon.“ Die Außerfern-Gemeinden sind in zwölf Verbände zusammengefasst – vom Abwasser bis zur Pflege. Müller glaubt vor allem, dass die Verwaltung nicht billiger wird. Der Vorschlag Eggels ist ihm zu radikal.
Harald Friedle, seines Zeichens Gemeindechef in Häselgehr: „Ich halte überhaupt nichts von vier Hauptbürgermeistern im Bezirk Reutte. Und das wird auch sicher nicht kommen!“ Friedle glaubt auch nicht, dass große Einsparungen möglich wären. „Was kostet ein Bürgermeister in einer Landgemeinde schon groß?“
Gottfried Ginther aus Vorderhornbach sieht das gleich: „Ich komme aus der Industrie und weiß, wie man untersucht, wo Einsparungspotenziale liegen; wo die großen Brocken zu finden sind. Aber die Entschädigungen für Bürgermeister sind doch Peanuts. Hier ist nichts zu holen.“ BM Bernhard Eggel habe überspitzt. Er hätte ja gleich ein einziges Verwaltungszentrum für den Bezirk Reutte fordern können, wo etwa die Buchhaltung für alle abgewickelt werde. „Warum noch vier?“, spielt Ginther den Ball volley zurück. „Gemeindearbeiter und vieles mehr müssten trotzdem in jedem Dorf bleiben. Die Effekte wären nur gering“, ist sich der Vorderhornbacher Dorfchef sicher.
Sein Kollege aus Pfafflar erinnert daran, dass Vorderhornbach schon die Buchhaltung für drei Gemeinden abwickelt. „Die eigene, die für Hinterhornbach und unsere in Pfafflar“, sagt BM Bernd Huber. Er glaubt, dass die Folgen von Zusammenlegungen dramatisch wären – für die Peripherie. „Die Zentralisierung und Urbanisierung nimmt dauernd zu. In einer Demokratie entscheidet die Masse. Für uns wäre das der Tod.“ Auch Huber kann bei den Bürgermeisterentschädigungen keine Einsparungspotenziale erkennen. „Wenn man im Lechtal wirklich sparen will, dann läge etwa bei den Volksschulen Potenzial. Nicht jeder Ort muss eine eigene haben.“
Wolfgang Winkler glaubt nicht, dass große Einheiten zwingend effizienter sein müssen: „Ehenbichl hat zum Beispiel ein Sechstel der Einwohner Reuttes. Wir haben eine sehr schlanke Verwaltung und beschäftigen eineinhalb Personen, Reutte in diesem Bereich 50 bis 60.“ Für Ehenbichls Dorfchef wäre eine Gemeindezusammenlegung „eine Katastrophe. Dann wären wir nur noch eine Schlafgemeinde und ein Ortsteil wie die Tränke in Reutte.“ Für ihn trägt gesunde Rivalität, wie etwa im Fußball unter den Orten, viel zur Identität eines Dorfes bei. Bei allen Bürgermeistern im Bezirk sei Herzblut dabei, einem Verwaltungsdirektor wäre vieles nicht so wichtig – glaubt er. Überhaupt warnt Winkler vor dem Zerschlagen funktionierender Systeme: „Beim Roten Kreuz habe ich gesehen, wie Freiwilligkeit plötzlich zerstört werden kann.“ Eggel versteht er nicht: „24 Jahre still zu sein und dann beim Abgang von Eingemeindung zu reden, ist doch unglaubwürdig. Als die Banken in Jungholz noch gesprudelt haben, war von ihm nichts zu hören.“