100 Jahre Physiotherapie: Von Passiv-Anwendungen zur aktiven Bewegung
Wien (APA) - 100 Jahre Physiotherapie in Österreich gilt es 2016 zu begehen. Ihr „Geburtsort“ war das Wiener Krankenhaus Hietzing, in dem am...
Wien (APA) - 100 Jahre Physiotherapie in Österreich gilt es 2016 zu begehen. Ihr „Geburtsort“ war das Wiener Krankenhaus Hietzing, in dem am Mittwoch anlässlich dieses Jubiläums eine Pressekonferenz stattfand. „Zuerst waren es Passiv-Anwendungen, die vor allem der Nachbehandlung von Unfällen dienten“, beschrieb Silvia Meriaux-Kratochvila, Präsidentin des Fachverbands Physio Austria, die Anfänge des Berufs.
Doch dieser Fachbereich der physischen Medizin entwickelte rasch weiter. Zu Beginn wurden die Behandlungen im einstigen Kaiser-Jubiläums-Spital und späteren Krankenhaus Lainz noch als „Physikotherapie“ bezeichnet. Dabei wurden physikalische Anwendungen wie Hydro-, Elektro- oder Lichttherapie von Hospitantinnen am ruhenden Patienten ausgeübt. Der anfangs von höheren Töchtern ausgeübte Beruf veränderte sich bald dahin gehend, dass im Laufe der Zeit die aktive Bewegung zunehmend in den Mittelpunkt rückte, fasste Meriaux-Kratochvila die historische Entwicklung zusammen.
Dadurch wurde der Einsatzbereich der Unfallnachbehandlung durch jene aus dem Bereich der Neurologie, der Behandlung von Kinderlähmungserkrankungen, oder der Nachbehandlung von Herzinfarktpatienten ergänzt. „Jeweils ist die Aktivierung das Behandlungsziel“, nannte die Präsidentin des Fachverbands den gemeinsamen Nenner. Den Patienten in Bewegung zu bringen, kann zudem im Fall einer gering ausgeprägter Diabetes auch die Medikation ersetzen und bei Herzkreislauferkrankungen zumindest für weniger Bedarf an Medikamenten sorgen, sagte Meriaux-Kratochvila.
Letztgenannte Beispiele zeigen auch, dass die Veränderung der Gesellschaft die Bedürfnisse an die Physiotherapeuten beeinflusste: „Während früher Personen eher wegen Unfällen oder Berufskrankheiten eine Behandlung benötigten, sind es gegenwärtig zunehmend die Folgen eines passiven Lebensstils, die im Zentrum stehen“, beschrieb Brigitte Ettl, die ärztliche Direktorin des einstigen ersten Wiener Gemeindespitals, diese Entwicklung. „Durch Erkrankungen wie Diabetes und Übergewicht führen gehäuft zu Bewegungseinschränkungen, die behandelt werden.“
Inzwischen sei die Physiotherapie zu einem wesentlichen Bestandteil aller Abteilungen geworden und hilft dabei, dass der Patient so schnell wie möglich den stationären Bereich wieder verlassen kann. „Nun werden Physiotherapeuten bereits tätig, wenn Patienten auf der Intensivstation sind, um so etwaigen Gelenksversteifungen früh vorzubeugen, ergänzte Stefan Marlovits, Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie. Für ein möglichst erfolgreiches Behandlungsergebnis bedürfe es des Zusammenwirkens des „magischen Dreiecks“ aus Chirurgie, Physiotherapie und des Patienten selbst.
Die Zunahmen an Anwendungen hat dazu geführt, dass sich die Ausbildung in dieser Profession von sechs Wochen im Jahr 1916 inzwischen auf sechs Semester erhöht hat und seit 2006 in Fachhochschulen angeboten wird. Die so zu einem akademischen Beruf gewordene Profession habe jedenfalls Zukunft. „Die FHs sind zehn- bis 15-mal überbucht“, sagte Meriaux-Kratochvila.
(S E R V I C E - Informationen zu Jubiläumsveranstaltungen auf der Website http://www.100jahre.physio)