Malis Abstieg von der Musterdemokratie zum Kriegsgebiet

Bamako (APA/Reuters) - Es war ein tiefer Fall für Mali: Mit dem gemeinsamen Aufstand von Tuareg und Islamisten im Norden gegen die Zentralre...

Bamako (APA/Reuters) - Es war ein tiefer Fall für Mali: Mit dem gemeinsamen Aufstand von Tuareg und Islamisten im Norden gegen die Zentralregierung im Süden taumelte die einstige Vorzeigedemokratie 2012 in Krieg und Chaos. Nach wenigen Monaten bedrohten die Kämpfe sogar den sonst ruhigen Süden mit der Hauptstadt Bamako.

Ein wesentlicher Auslöser der Krise waren die extrem unterschiedlichen Lebensverhältnisse in der ehemaligen französischen Kolonie, die rund 15 Mal so groß ist wie Österreich und eigentlich bekannt für einen gemäßigten Islam. Doch das riesige Land ist tief gespalten, die Wüstengebiete des Nordens und der fruchtbare Süden haben wenig miteinander gemein.

Die überwiegende Mehrheit der etwa 16 Millionen Malier lebt in den Regionen entlang der Flüsse im Süden, wo Landwirtschaft betrieben werden kann und Rohstoffe wie Gold gefördert werden. Die Bevölkerung besteht hier vor allem aus Schwarzafrikanern. Die Wüstengebiete in der Nordhälfte sind dagegen nur sehr dünn besiedelt, es gibt so gut wie keine Infrastruktur. Dort leben neben arabischen Stämmen Angehörige des Tuareg-Volkes, die sich von der Zentralregierung in Bamako benachteiligt fühlen und seit Jahrzehnten immer wieder mit Aufständen für mehr Autonomie beziehungsweise einen eigenen Staat namens „Asawad“ kämpfen.

Die Tuareg orientieren sich traditionell eher nach Libyen oder Algerien, wo andere Angehörige ihres Volkes leben, als nach Bamako. Die Grenzen in der Region wurden in der Kolonialzeit willkürlich gezogen. Sie durchschneiden das Siedlungsgebiet der Tuareg in der Sahara und sind von den angrenzenden Staaten kaum zu kontrollieren. Viele Bewohner des Nordens leben vom Schmuggel von Menschen, Waffen oder Drogen durch die Sahara, der auch eine wesentliche Finanzquelle der Jihadisten ist.

Der Krieg 2012 begann mit dem Aufstand der Tuareg-Gruppierung MNLA, die gemeinsam mit zugewanderten Islamisten unter anderem aus Libyen bald schon den gesamten Norden Malis unter ihre Kontrolle brachte. Nach einigen Monaten wendete sich jedoch das Blatt für die Tuareg und die Jihadisten setzten sich an die Spitze der Rebellion: Sie bekämpften nun ihrerseits die Tuareg und führten im Norden das islamische Rechtssystem, die Scharia, ein. Als die Islamisten drohten, auch den Süden zu erobern, intervenierten französische Truppen im Jänner 2013 auf Bitten der Regierung in Bamako mit der „Operation Serval“ und schlugen den Aufstand rasch nieder.

Ein Übergreifen der Rebellion auf den Süden hätte auch wirtschaftliche Folgen gehabt. Denn von dort stammt nicht nur ein Großteil der Baumwolle und des Goldes, die zusammen die Hauptexportprodukte des Landes ausmachen. Es gibt auch Spekulationen über große Vorkommen des Atombrennstoffes Uran, was Kritiker als Auslöser für die französische Intervention betrachten. Frankreich, das in der Energieerzeugung weit mehr als andere Staaten von seinen Atommeilern abhängig ist, wies diesen Vorwurf zurück.

Noch stärker als Frankreich ist unterdessen längst China mit Mali im Geschäft. Die Volksrepublik stillt hier wie in anderen afrikanischen Ländern ihren Rohstoff-Hunger und ist mit weitem Abstand vor den Franzose größter Handelspartner des westafrikanischen Landes. Malis Hoffnungen auf die Erschließung von Bodenschätzen richten sich allerdings nicht allein auf den Süden: Im Norden soll es bei Kidal größere Uran-Lager geben, bei Gao und im Tal von Tilemsi Phosphat-Vorkommen.

Die Mehrheit der etwa 16 Millionen Menschen in dem Binnenstaat lebt in Armut. Über zwei Drittel der Malier können nicht lesen und schreiben, die Arbeitslosenquote wurde 2004 auf etwa 30 Prozent geschätzt. Die Lebenserwartung liegt bei rund 50 Jahren.

Im Rahmen einer EU-Ausbildungsmission für die malische Armee (EU) sind derzeit auch sechs Bundesheer-Soldaten in dem westafrikanischen Land im Einsatz.