Der große Däne und die Unendlichkeit: Der „Ohrmensch“ Per Norgard

Kopenhagen/München (APA/dpa) - Per Norgard wohnt fast direkt am Meer. Sein Zuhause ist die dänische Hauptstadt Kopenhagen, in dem Stadtteil ...

Kopenhagen/München (APA/dpa) - Per Norgard wohnt fast direkt am Meer. Sein Zuhause ist die dänische Hauptstadt Kopenhagen, in dem Stadtteil Österbro sind es nur wenige Schritte bis zum Wasser. Vielleicht hat sich der Mann deshalb in seiner Arbeit von der unendlichen Weite des Ozeans inspirieren lassen. Eines der berühmtesten Kennzeichen seiner Werke, die sich über alle Gattungen erstrecken: Die „Unendlichkeitsreihe“.

Interviews kann der Däne rund um die Vergabe des Ernst von Siemens Musikpreises nur ganz wenige geben, die Gesundheit lässt es nicht zu. Inzwischen hat der 83-Jährige schütteres Haar, das Alter hat Falten in sein Gesicht gegraben, aber sein Blick bleibt wach und neugierig. Diese „Neugier, den Antrieb und die Beseeltheit“ seines Werks zeichnen die New Yorker Philharmoniker 2014 mit ihrem hoch dotierten Kravis Prize aus, die Wiener Philharmoniker veröffentlichten vor gut zwei Jahren eine Einspielung mit seiner 8. Symphonie.

Die Suche nach Neuem war dabei stets die Maxime für den Dänen, wie er 2013 im APA-Interview unterstrich: „Wenn ich mit mir selbst redete, würde ich sagen: Es war sehr schön mit Dir, altes Ich, aber bitte geh jetzt, ich habe mehr in mir. Viele Komponisten machen immer das Gleiche in verschiedenen Varianten weiter - das wollte ich nie.“ Seine Musik, da sind sich seine Landsleute sicher, werde nie ihre Kraft verlieren. So schwärmt ein Kritiker von „Politiken“ erst 2015 beseelt nach einer Aufführung: Norgard werde immer „der Große der dänischen Musik“ bleiben.

Einen „Ohrmenschen“ nannte ihn sein Kollege Karl Aage Rasmussen einmal. „Wenn Per Norgard sich im Verkehr bewegt, erlebt er Verkehrskonzerte, und wenn er am Strand steht und die Brandung beobachtet, kann man damit rechnen, dass er sich durch die fallenden und steigenden Bewegungen des Meeres zu den Klängen hinter dem Rauschen des Meeres vorgehört hat“, meint der dänische Rundfunk. „Er ist ein Meister in allem, was er schafft.“

Typisch Däne denkt Norgard nicht in Schubladen, sondern oft auch um die Ecke, improvisiert, will sich auch im hohen Alter immer wieder neu erfinden. Könne er das nicht mehr, würde er aufhören, Musik zu machen, sagt er. Symphonien, Opern, Filmmusik, verteilt über viele Jahrzehnte seines Lebens, gehen auf das Konto des studierten Komponisten. Dabei habe er als Kind gar keine besonders große Lust gehabt, am Klavier zu sitzen und zu üben, heißt es.